Der demokratisierte Blick ins Rund
Das Drehrestaurant auf dem Mittelallalin, 3456 m ü.M.
Das Bourbaki-Panorama in Luzern und das Wocher-Panorama in Thun. Architektonisch sind sich Drehrestaurant und Panoramagebäude recht ähnlich, doch während das Drehrestaurant grosse Fenster hat, ist das Panoramagebäude fensterlos.
Schnitt durch ein Panorama: (A) Kasse & Eingang, (B) dunkler Korridor & zentraler Treppenzylinder, (C) Beobachtungsplattform, (D) Gesichtsfeld des Betrachters, (E) kreisförmige Leinwand, (F) dreidimensionale Elemente des "Faux Terrains", (G) Trompe l'oeil-Elemente auf der Leinwand. (Quelle: www.panoramaonview.org, mit einer Liste der weltweit noch existierenden Panoramen)
Die Restaurierung des Bourbaki-Panoramas als Panorama
"Mit der Entdeckung des Horizonts und mit dem Panorama wurde der Blick aus seinen perspektivischen Verzerrungen befreit. Im barocken Theater noch hatte einzig der Fürst so gesessen, dass er das Bühnenbild unverzerrt sah. Im Panorama konnten dann alle von der zentralen Plattform aus das Riesengemälde perspektivisch 'richtig' betrachten: Unendlich viele Fluchtpunkte erstrecken sich zum rundum laufenden Horizont. Im Panorama wird der Blick demokratisiert und zur säkularisierten Form der göttlichen Allschau. Genau dies ist die Bedeutung des Kunstwortes Panorama: pan = alles, horama = sehen."
Und das gibt's im Panorama in Luzern und in Thun zu sehen:
Für die Fullscreen-Darstellung des Bourbaki- und des Wocher-Panoramas bitte aufs jeweilige Bild klicken.
Diese Rundgemälde als Gesamtkunstwerke sind in ihrer Totalität nur vor Ort zu erfassen und im Internet kaum zu vermitteln. Dem Panorama-Erlebnis am nächsten kommen die Fullscreen-Darstellungen von www.panoramafotos.ch, einer Fundgrube grossartiger Panoramen.
"Im Panorama fand sich nicht nur die 'wahre Stadt', sondern auch die 'wahre Landschaft', die damit zur Ware Landschaft wurde. Die Stadtbewohner konnten in der Landschaft (Panorama, Passage, Wintergarten) flanieren, ohne den Launen des Wetters ausgesetzt zu sein, ohne auf die 'Facilitäten' der Stadt verzichten zu müssen. (...) Das Panorama war eine Lernmaschine des Sehens und ein Surrogat der Natur — die Landschaft verklärte sich zur Idylle, zur Staffage ihrer selbst.
Zugleich weckte das Panorama die Seh(n)-Sucht nach dem Original und nährte so den Mythos der unberührten Natur: Der Tourismus kam auf, die Pilgerreise zum Original."
Unterhalb der Fräkmüntegg — zum Vergrössern aufs Bild klicken!
Auf dem Kleintitlis — zum Vergrössern aufs Bild klicken!
Auf dem Titlis habe ich übrigen festgestellt, dass zum Drehrestaurant noch eine Steigerung möglich ist: Im Drehrestaurant dreht sich die Landschaft um einen herum — in der Luftseilbahn Titlis Rotair dreht sich die Landschaft auch, überdies schwebt man durch sie hindurch berg- oder talwärts.
Alle Zitate aus GARLINSKI, Bojarek (1987): Lugaus ins Rings.
In: Tages Anzeiger Magazin, Nr. 33, 15.7.1987.