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trox - 19. Okt, 00:14

Schade: Wirklich?

Ist es wirklich schade, dass das von Privat-Gutmensch-US-Amerikaner-mit-Greisenresidenz-am-Seebecken der Kleinstadt diktierte "Kultur"-Programm von seinen Erben als minder wichtig erachtet wird als ihre eigenen Spekulationen? Ist es denn zu beklagen, dass ein Projekt, das in Paris scheiterte (als noch keine Wirtschaftskrise herrschte und der Dollar unbestrittene Leitwährung war), aber nun plötzlich in Winz-Luzern möglich schien (wer hat das genau gewollt, gestützt, nachgerechnet?), in der heutigen Optik nicht ganz so vergreister Erben als eine Art 'non sequitur' eben nicht ernst genommen und dann konsequenterweise gecancelled wird? Sollten wir nicht lieber Luzern glücklich preisen, dass es den Druck, die wenigen Kulturgelder nun auf ein erneutes Leuchtturmprojekt ausrichten zu können, sich zwingen muss, endlich Farbe zu bekennen, was denn eine *eigene* Kulturpolkitik sein könnte?

Von Herzen würde ich gerne ja antworten auf meine letzte Frage; doch Luzern (ein bisschen) kennend zögere ich -- wann hat denn Luzern zum letzten Mal eine eigene Kulturpolitik formuliert? Wann hat Luzern wirklich gefunden, was Luzern ausmacht, kulturell und kulturpolitisch?

Die genannten Probleme (Unterhalt von Infrastruktur und Raumprobleme, Verteilungsgleichgewicht der Förderung) bestehen nicht erst seit dem Traum der Salle Modulable. Sie bestanden auch am Beginn des Traums vom KKL. Für das KKL haben die strukturellen Massnahmen der kulturellen Gentrifizierung das Stadtbild einigermassen bereinigt. Mehr gibt das Substrat allerdings nicht her. Kulturpolitiker mögen das anfangs gehofft haben. Die Realität ist, wie die Diskussion gezeigt hat, eine andere. Die "Investoren" mögen diese Realität nicht, denn sie ist der Profitmaximierung im Wege. Die kulturpolitische Diskussion, die sich aus Gefälligkeit -- eine Hand wäscht die andere, nach altem Rezept -- dieser Realität gestellt hat, zumindest formell, sieht sich jetzt mit einer viel krasseren Situation konfrontiert: die Probleme sind öffentlich, benannt und anerkannt, das Wunschbild der Salle cashable aufgegangen im Herbstnebel. Was bleibt ist das Weinen umd weiteren Weltruhm und das Wissen, dass die Kultur sich strukturell und ökonomisch verändert hat, seit das letzte Mal, und das vorletzte Mal darüber tonnenweise Papier besudelt wurde.

Vielleicht ist es Zeit, für einen neuen Kulturbericht. Anforderung müsste dann sein, dass er nicht mehr als hundert Seiten zählt, inklusive Anhang, und dass sowohl lokal wie global abgedankte Luftballons ("kreative Industrie" und "konfigurierbare Bespielungsformen") darin keinen Platz finden dürfen...

Kulturflaneur - 20. Okt, 13:41

Ja doch, wirklich schade

Lieber Peter

Die Salle Modulable, die im übrigen nur noch wenig mit der ursprünglichen Pariser Idee zu tun hat, ist nicht mein Lieblingsleuchtturm in Luzern. Dennoch ist es schade, dass sich das Projekt in Schall und Rauch aufgelöst hat, ist doch zu befürchten, dass Stadt und Kanton die Sanierung des Luzerner Theaters, die je nach Variante 17 bis 80 Millionen kostet, aus regulären Steuergeldern berappen müssen und deshalb für die "übrige" Kultur nicht mehr sondern weniger Mittel zur Verfügung stehen.

Auch beim KKL besteht bereits ein Sanierungsbedarf von gegen 25 Millionen - frag mich nicht warum, ist doch das KKL erst 10 Jahre alt. Andererseits ist der Stadtrat daran, sein nächstes Sparpaket zu schnüren. Da liegt die Chance, dass Luzern gleichzeitig die Kulturgelder aufstockt, bei weniger als 0.0%.

Zugegeben, abgesehen von der breiten Debatte über die Salle Modulable liegt die letzte grosse kulturpolitische Debatte nun schon länger zurück. Rosie Bitterlis Kultur-Standort-Bericht von 2001 stellt fest, dass Luzern in erster Linie eine Musikstadt und in zweiter Linie eine Festivalstadt sein soll. Ob das dem kulturpolitischen Wunschbild der Stadtbevölkerung entspricht, bleibe dahingestellt, ich für meinen Teil bin froh, dass die Stadt Luzern auch andere Kulturbereiche fördert, würde mir aber bei der städtischen Kulturförderung etwas weniger Giesskanne und etwas mehr Profil wünschen.

Deshalb ist die Zeit für einen neuen Kultur-Standort-Bericht tatsächlich reif: Dieser Bericht muss zuerst analysieren, welche Ziele des alten Berichts erreicht wurden und welche nicht, dann eine Auslegeordnung machen und untersuchen, wo in der Kulturförderung Nachholbedarf besteht, und schliesslich die zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend umverteilen. Der kulturpolitische GAU mit der Salle Cashable zeigt - da gebe ich Dir recht: Luzern muss seine Kulturpolitik von Grund auf neu denken.

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