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Sonntag, 20. Februar 2011

Anstössige Würfel

Der Klotz auf der Luzerner Allmend ist nicht das erste würfelförmige Kunstwerk in der Schweiz, das Anstoss erregt. Anscheinend ist diese geometrische Form anstössiger als andere. Warum?

Felix Kuhns Klotz auf der Allmend ist nur das letzte Beispiel anstössiger Würfelkunst. Zahlreiche andere kubische Kunstwerke füllten ebenfalls die Leserbriefspalten. Der Klotz ist auch nicht das erste Kunstwerk das einen politischen Vorstoss der SVP provoziert.

Nachtrag vom 25.2.2014: Obwohl Der Klotz von Felix Kuhn den Wettbewerb gewonnen hatte, ist er immer noch nicht realisiert — und wird es wohl nie werden...

2011 will das Kunsthaus Neuenburg am Hafen einen grossen schwarzen Würfel aufstellen, der aussieht wie die Kaaba in Mekka. Wie beim Klotz erhitzen sich die Gemüter schon im Voraus. Das in Samt gehüllte Werk "Cube" vom deutschen Künstler Gregor Schneider sei keine Rekonstruktion des islamischen Heiligtums, aber die "Assoziation zur Kaaba und zum 'schwarzen Quadrat' als Grundform der modernen Kunst ist gewollt". 2007 wurde diese Skulptur in Hamburg gezeigt, davor hatten die politischen Behörden von Venedig und Berlin ihre Aufstellung verhindert — aus Furcht, die religiösen Gefühle muslimischer Gemeinschaften zu verletzen. Quelle: www.tagesanzeiger.ch

Nach einer 25-jährigen Odyssee landet die Skulptur "Cube" des amerikanischen Minimal-Art- und Konzeptkünstlers Sol LeWitt (1928–2007) diesen Frühling im Zellweger-Park in Uster. 1984 - 86 war das Werk in Basler Merian-Park zu sehen, danach ging es als Geschenk an die Stadt Zürich, was ein sechsjähriges politisches Hin und Her um einen geeigneten Platz auslöste. Auch Gottfried Honegger und Max Bill mischten sich erfolglos in die Debatte ein. Zwei weitere Versuche der Walter A. Bechtler Stiftung, den "Cube" in St. Gallen oder in Zug verliefen ebenfalls im Sand. Interessant ist die Dokumentation der Zürcher Standortsuche.

2002 diskutierte Toute la Suisse den schwimmenden Würfel von Jean Nouvel. Der Monolith wurde rasch zu einer Ikone der expo.02. Die einen verfluchten den 22 Millionen teuren Rosthaufen im Murtensee, die anderen waren derart angetan, dass sie nach dem Ende der Expo versuchten, das Wahrzeichen der Arteplage Murten vor seiner Verschrottung zu retten. Vier Vorschläge für die Weiterverwendung gingen ein, davon einer von der Glasi Hergiswil. Alle Rettungsversuche scheiterten jedoch und schliesslich wurde der Monolith verschrottet (vgl. Monolith schrumpft Stück für Stück).

Am meisten Furore machte jedoch ein anderer Rostwürfel: "Shoah" von Schang Hutter. 1998 war die Skulptur als letzte Station des Skulpturenwegs Grauholz vor dem Bundeshaus in Bern platziert, bis die Freiheits-Partei sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit dem Vermerk "Refusé" wieder vor Schang Hutters Atelier ablud. Als "Shoah" danach auf dem Zürcher Paradeplatz aufgestellt wurde, löste das wiederum heftige Reaktionen aus. Die SVP forderte auf dem Internet "Gleichbehandlung im Bewilligungsverfahren - nämlich schnell und unbürokratisch" und versuchte so die Diskussion auf ein Nebengleis zu schieben. Danach war die Skulptur an verschiedenen Orten der Schweiz zu sehen, was aber nicht überall Kontroversen auslöste. Andererseits lehnten es die Städte Zug und St. Gallen ab, "Shoah" aufzustellen. Ausführlich dokumentiert ist diese Geschichte auf: Shoah — ein Skulptur und ihre Auswirkungen.

Nicht anstössig ist hingegen dieser Würfel, der einen Kreisel in Hinwil ziert — er ist ja auch nicht rostig...

Samstag, 19. Februar 2011

Kultur zum Einheimischentarif?

Nach dem Baselbieter Nein zu zusätzlichen Subventionen ans Theater Basel möchte ich eine ketzerische Frage stellen: Warum führt man an den grossen Kulturinstitutionen, die mehrheitlich von den Städten finanziert werden, keine Einheimischentarife ein?

Die Baselbieter Stimmberechtigten haben letzten Sonntag eine Vorlage, die dem Basler Theater eine Zusatzsubvention von total 17 Millionen Franken in den nächsen vier Jahren gebracht hätte, mit 51.4% Nein knapp abgelehnt. Die Karte zeigt: Zustimmung in der unmittelbaren Nachbarschaft von Basel und je weiter weg, desto grösser die Ablehnung.

Quelle: bazonline. Der Bezirk Arlesheim, wo 54.9% der Stimmenden wohnen, sagte zu 57.2% Ja, wurde aber vom Rest des Kantons, der zu 61.9% Nein sagte, überstimmt.

Da in diesem Fall die Stadt ausserhalb des Kantons liegt, wäre es falsch, von einem Stadt-Land-Graben zu sprechen, hier handelt es sich vielmehr um einen Agglomeration-Land-Graben. Hätte die dazu gehörende Stadt mitstimmen können, wäre die Abstimmung klar anders ausgegangen. Deshalb der ketzerische Vorschlag eines Zürchers, der in Luzern lebt: die beiden Halbkantone fusionieren, und die durch die künstliche Trennung verursachten Probleme sind mit einem Schlag beseitigt.

Und noch ein ketzerischer Vorschlag: Grosse Kulturinstitutionen mit überregionaler Ausstrahlung könnten doch — wie am Skilift — Einheimischentarife einführen, so dass diejenigen, die von diesen Institutionen profitieren, aber sie nicht mitfinanzieren, mittels höherer Eintrittspreise zur Kasse gebeten werden. Nachdem der Kanton Zug sich weigerte, sich an den Kosten der grossen Kulturinstitutionen in Zürich und Luzern zu beteiligen, wurde 2006 im Zürcher Kantonsrat ein entsprechendes Postulat der Grünen diskutiert, aber mit 125 zu 20 Stimmen bachab geschickt.

Seit der interkantonale Kulturlastenausgleich doch noch zu Stande gekommen ist und sich Zug an den Kosten der sechs grossen Häuser in Zürich und Luzern mit 2.1 Millionen Franken beteiligt, ist der Einheimischentarif sowieso vom Tisch. Jetzt wundern sich die ehemaligen Trittbrettfahrer nur noch darüber, wie viel Geld diese Kulturtempel doch verschlingen, siehe aktueller Artikel in der Aargauer Zeitung: Aargauer lieben fremde Kultur: Regierung zahlt Zusatzmillion.

Freitag, 18. Februar 2011

Gehäkelte hyperbolische Wunderwelt

3000 Frauen und 3 Männer häkeln ein faszinierendes Korallenriff — und verbinden in einem Projekt, das sich mittlerweile über drei Kontinente erstreckt, die Bereiche Mathematik und Meeresbiologie mit femininem Handwerk und ökologischem Aktivismus.

Diesen Eintrag verdanke ich Frau Täuschblume, die mich in einem Kommentar zu Kann Stricken Kunst sein? auf einen Artikel in der ZEIT mit dem Titel Gehäckelte Mathematik hinwies. Der Artikel handelt von einem Projekt, das vor bald zehn Jahren am Esszimmertisch der Schwestern Margaret und Christine Wertheim in L.A. begann und dank weltweiter Unterstützung zu einem kollektiven Kunstwerk und einer wollenen Wunderwelt anwuchs, die in Formen und Farben mit einem realen Korallenriff durchaus vergleichbar ist: dem Hyperbolic Crochet Coral Reef.

Die gehäckelte Unterwasserwelt von Margaret und Christine Wertheim

Doch das "Hyperbolische gehäckelte Korallenriff" ist nicht nur ein kollektives Kunstwerk, sondern auch ökologisches Mahnmal, das weltweit vernetzt aufs Riffsterben aufmerksam macht, und das prominenteste Projekt des 2003 von den Wertheim-Schwestern gegründeten Institute for Figuring. Das IFF hat es sich zur Aufgabe gemacht, die ästhetischen Qualitäten der Wissenschaft zu offenbaren. Als die Physikerin Margeret Wertheim erfuhr, dass die Mathematikerin Daina Taimina 1997 ausgerechnet das Häkeln als ideales Medium für die Umsetzung der hyperbolischen Geometrie erkannt hatte, machte es bei ihr Klick — doch was es damit auf sich hat, erklärt sie am besten selbst:


Margaret Wertheim an der Jahreskonferenz 2009 von "Technology, Entertainment, Design" über "The beautyful math of coral" (englisch, mit Untertiteln in 14 Sprachen, leider nicht in deutsch). Die jährlichen TED-Konferenzen in Long Beach / Palm Springs und Edinburgh haben es sich zur Aufgabe gemacht, Ideen, die es Wert sind, verbreitet zu werden, zu präsentieren und zu verbreiten.

Nachtrag vom 24.10.2013:
Diese TED-Rede wurde inzwischen über 500'000 mal angesehen. Und: Hier gibt es jetzt auch deutsche Untertitel und eine Transkription des Texts.

Mittwoch, 16. Februar 2011

La vie en gris


Aber der Nebel lichtet sich — eine Stunde vor dieser Aufnahme waren die obersten Stockwerke von Luzerns "Wolkenkratzer" noch nicht zu sehen. La vie en gris ist übrigens ein französischer Fotoblog, der sich der Schwarzweissfotografie verschrieben hat. Seit 2006 sind auf diesem Blog schon Tausende oft sehenswerter Bilder publiziert worden. Aktuell: "Istambul, passage de chat".

Dienstag, 15. Februar 2011

Züri-Süd?

Im Januar hat der Bund das gemeinsam mit Kantonen, Städten und Gemeinden erarbeitete Raumkonzept Schweiz vorgestellt. Oberziel ist es, bestehende Siedlungen zu verdichten. Kein erklärtes Ziel, aber dennoch absehbar ist, dass die Agglomeration Luzern allmählich Teil des Metropolitanraums Zürich wird: Ist Luzern bald Züri-Süd?



Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung

Das neue Konzept unterscheidet zwölf funktionale Handlungsräume:
  • die Metropolitanräume Zürich, Basel und das Bassin Lémanique,
  • die Hauptstadtregion Bern,
  • fünf klein- und mittelstädtisch geprägte Räume: Luzern, Città Ticino, Jurabogen, Aareland und Nordostschweiz,
  • drei alpin und touristisch geprägte Räume: Gotthard, Südwestschweiz und Südostschweiz.
Das Konzept, das jetzt in die Vernehmlassung geht, versteht sich nicht als neues Instrument der Raumplanung, sondern als politische Grundlage für Raumentwicklungsentscheide auf allen drei Staatsebenen. Es will 1. die Qualitäten jedes Raums fördern, 2. die natürlichen Ressourcen schonen und die Zersiedelung stoppen, 3. die Mobilität steuern (bestehende Infrastrukturen optimaler nutzen statt neue erstellen), 4. dass sich die Schweiz als attraktiver Wirtschaftsstandort positioniert und 5. die Solidarität zwischen den verschiedenen Räumen stärken.

Aus diesen heeren Zielen leitet das Konzept dann sieben Strategien ab. Die Strategie gegen die Zersiedelung z.B. sieht vor, die bestehenden Siedlungen nachhaltig weiterzuentwickeln. Das heisst konkret: Die Siedlungsentwicklung soll auf die urbanen Verdichtungsräume gelenkt werden, in den periurbanen Gebieten begrenzt werden und in den ländlichen Zentren und Ortskernen konzentriert werden. Noch konkreter: Bauliche Verdichtung in den urbanen Gebieten — keine neuen Bauzonen in ländlichen und periurbanen Räumen. Der Haken daran: Das alles soll auf freiwilliger Basis geschehen. Aber ohne griffige Handhabe wird die Zersiedelung und die Zerstückelung der Landschaft ungebremst weitergehen wie bis anhin.

Handlungsraum Luzern — Züri-Süd
Die Herausforderung bezüglich der klein- und mittelstädtisch geprägten Handlungsräume bestehe darin, sie im nationalen Umfeld besser zu positionieren. Zu Luzern steht im Konzept:

"Die Agglomeration Luzern ist als Kern eines Netzes von ländlichen Zentren prägend für den Raum. Sie erfüllt zentrale Funktionen für die Zentralschweiz und das Entlebuch und befindet sich gleichzeitig im Einflussbereich des Metropolitanraums Zürich sowie Zug. Hochschulen, Kultur und Tourismus verleihen der Region eine nationale und internationale Ausstrahlung.
Der Handlungsraum Luzern muss seine zukünftige Entwicklung in einem Spannungsfeld definieren: Er ist einerseits Teil des Metropolitanraums Zürich, andererseits Zentrum eines eigenständigen Raums."
(S. 57)

Wenn die Region Luzern in diesem Spannungsfeld nicht zu Züri-Süd entwickeln soll, muss es sich — gemäss Raumkonzept Schweiz — als eigenständiger Raum profilieren, d.h. die eigenen Stärken in den Bereichen Kultur, Bildung und Tourismus ausbauen. Potenziale in der Spitzenindustrie sollten genutzt und ausgebaut werden etc. etc.

Dann sollen auf der Achse Luzern-Zug-Zürich die übergeordneten Verkehrsinfrastrukturen verstärkt werden, und zwar so, dass trotz zusätzlichem Verkehrsangebot die Zersiedlung des Raums zwischen Luzern, Zug und Zürich vermieden wird und seine landschaftlichen Qualitäten erhalten bleiben. Aber das Fell des Bären lässt sich nicht waschen, ohne dass es nass wird...

Ich habe nichts gegen zusätzliche Kapazitäten für die PendlerInnen nach Zug und Zürich, aber mit jedem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ins metropolitane Zentrum wird Luzern stärker in den Metropolitanraum Zürich integriert — bestenfalls als kulturelles und touristisches Subzentrum, schlechtestenfalls nur als gehobenes und steuergünstiges Wohnquartier Züri-Süd.

Montag, 14. Februar 2011

Auf der ganzen Linie gewonnen

Niemand gehört gerne zu den Verlierern. Deshalb helfe ich mit, die Abstimmungsniederlagen vom Wochenende umzuinterpretieren. Und ich bin da bei weitem nicht der Einzige: Bei der Diskussion über die Abstimmungsergebnisse kann leicht der Eindruck entstehen, dass die Schweiz — vom Skifahren*) einmal abgesehen — aus lauter Winner-Typen besteht. Eine Nachlese zum Abstimmungswochenende.

1. Waffenschutzinitiative: Opfer des eigenen Erfolgs


Siehe auch meine Einträge vom
12. Januar: Flintenweiber in der Politik
15. Januar: Bis zu den Zähnen bewaffnet
17. Januar: Mehr Waffen — mehr Sicherheit?
4. Februar: Scheinheilige Empörung
8. Februar: Wird das Knabenschiessen abgeschafft?










Die urbane Schweiz hat die Initiative angenommen (die Städte sind als grüne oder helle Flecken auszumachen), wurde aber leider von der suburbanen und ländlichen Schweiz überstimmt. In dunklem Violett sticht das Entlebuch mit den gesamtschweizerisch am wenigsten Ja-Stimmen hervor: Die brauchen ihre Gewehre noch, um den Wolf abzuschiessen. Auf die stärkste Ablehnung im Kanton Luzern stiess die Initiative mit 90.4% Nein in Romoos, der Wohngemeinde von Nationalrat Ruedi Lustenberger, aktiver Jäger und Empörungskünstler.

Es war abzusehen, dass die Abstimmung über die Waffenschutzinitiative nicht in meinem Sinn ausgeht, aber viele Anliegen der Initiative sind bereits umgesetzt und Bundesrätin Sommaruga will das Waffenrecht noch weiter verschärfen — also gehörte ich schon vor der Abstimmung zu den Gewinnern.

Und bezüglich Stadt-Land-Graben gab es im Kanton Zürich ein Novum:
Die Stadt hat den konservativen Rest des Kantons überstimmt.


2. Getreide-Monster in Zürich: Noch nicht das letzte Wort

Siehe auch mein Eintrag vom
22. Januar: Polit-Rap gegen Giganto-Silo


Quelle: www.tagesanzeiger.ch

Auch Richi Wolff gehört mit seinem Kampf gegen das Giganto-Silo (über das ich in Luzern leider nicht abstimmen konnte) zu den Gewinnern: In der Stadtregierung war noch niemand dagegen, im Stadtzürcher Parlament waren 104 dafür und 10 dagegen und jetzt waren es immerhin 41.7% der Bevölkerung und das betroffene Quartier, die das monströse Silo ablehnten — ein Erfolg angesichts der wenigen Aktivisten, die sich dagegen engagierten. Eine verlorene Schlacht ist noch kein verlorener Krieg: Für das gigantomanische Bauprojekt fehlen noch zwei Ausnahmebewilligungen und die unmittelbar Betroffenen können immer noch gegen die Baubewilligung rekurrieren. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass in Zürich ein solches Monster noch vor der Ziellinie gestoppt würde.


3. AKWs: Die 51% Ja von gestern sind die 51% Nein von morgen

Tagesschau vom 13.02.2011

Auch über die Zukunft des AKW Mühleberg durfte ich in Luzern nicht abstimmen, aber auch in dieser Konsultativabstimmung gehören alle zu den Siegern — insbesondere die Atomgegner, die vor 9 Jahren mit der Stilllegung von Mühleberg noch eine heftige Niederlage erlitten: In zwei, drei Jahren werden aus den 51% Ja 51% Nein und wir stoppen diese Energieproduktion, deren gefährlicher Müll noch Jahrtausende weiterstrahlt...

*) Übrigens: Auch an der Ski-WM gehören wir SchweizerInnen zu den GewinnerInnen — zumindest im Medaillenspiegel der Ledermedaillen führt die Schweiz mit grossem Vorsprung vor allen anderen Nationen...

Sonntag, 13. Februar 2011

Durchsichtiges Panorama

Die Aussicht aufs Alpenpanorama ist eine Augenweide, auch wenn man oder frau die Gipfel nicht kennt. Doch noch schöner ist die Aussicht, wenn die Berge Namen haben — deshalb machen manche sich einen Sport daraus, möglichst viele Gipfel zu kennen.

Zum Glück gibt es Panoramatafeln, die einem helfen, die Gipfel zu benennen. Doch Panoramatafel ist nicht einfach Panoramatafel: Die einen liefern Zusatzinformationen wie die Höhe eines Gipfels oder die Distanz vom Standort, andere kommen in einem besonderen Stiling daher — diese Tafel hier setzt ganz auf Transparenz:



An diesem Standort gibt es sogar ein Fernrohr, mit dem Panoramasüchtige die Berge heranzoomen können. Die Panoramatafel hingegen ist wenig hilfreich — sie fehlt. In einem solchen Fall gibt es jetzt ein neues Hilfsmittel: das App Peakfinder, erhältlich für iPod Touch, iPhone 3G, 3GS und 4. Mit diesem coolen App kann man noch vor der Wanderung die Aussicht simulieren und die Namen der Gipfel auswendig lernen, um die Wanderbegleitung zu beeindrucken...

Gut wäre es auch, das reale Panorama mit der Panoramatafel oder dem iPhone vergleichen zu können — nichts ist ärgerlicher als Leute, die mit dem Finger auf den Bürgenstock zeigen und zu ihrer Begleitung sagen: "Siehst Du, das ist jetzt die Rigi."

Samstag, 12. Februar 2011

Vergessene Kunstskandale

Der Klotz auf der Allmend ist in Luzern nicht das erste Kunstwerk im öffentlichen Raum, das zu Kontroversen führt. Eine Spurensuche zu vergangenen und vergessenen Kunstskandalen zeigt, dass Luzern für Kunst im öffentlichen Raum ein hartes Pflaster war und ist.

Die als antike Helden idealisierten "Schweizer Schwinger" von Hugo Siegwart (1908) sind eine patriotische Verherrlichung des Schweizer Nationalsports. Durch die möglichst naturgetreue Darstellung natürlicher Nacktheit erregte das Denkmal noch vor seiner Einweihung Anstoss in kirchlichen Kreisen, die in der Bronzeplastik eine sittliche und moralische Gefahr für die Jugend sahen. Der Denkmalstreit war so heftig, dass 1909 die Schwinger unter Polizeischutz auf dem Kurplatz aufgestellt wurden. Bald darauf verstummte der Protest. Ein halbes Jahrhundert später wurde die Plastik aufs Inseli versetzt, weil Kastanien die Schwingergruppe verdeckten.

Zu Ehren des Dichters und bisher einzigen Schweizer Literatur-Nobelpreisträgers Carl Spitteler, der von 1892 bis zu seinem Tod 1924 in Luzern lebte, schuf Roland Duss 1940 die "Liegende". Der bronzene Frauenakt von sinnlicher Körperlichkeit löste eine Flut von Protestaktionen — viele empörten sich über die "nackte und lässig" daliegende Frauenfigur. Mehrmals wurde sie mit Farbe verschmiert und einmal sogar von Unbekannten eingekleidet. Noch heute ziert die Bronzeplastik den Park am Carl-Spitteler-Quai.

Nicht viel besser erging der "Kauernden" von Otto Charles Bänninger. Als die in einem Wettbewerb auserkorene und im Entwurf noch stehende Frauenfigur des Zürcher Bildhauers 1946 vor dem Eingang des Kunsthauses aufgestellt werden sollte, hagelte es Proteste. Sie waren so heftig, dass man auf den ursprünglichen Standort verzichtete und der Künstler 1951 eine kauernde Frauenfigur präsentierte. Heimlich wurde die Skulptur aus Cristallina-Marmor schliesslich im Garten auf der Ostseite des Kunsthauses aufgestellt. Auch in diesem Fall beruhigten sich die Gemüter rasch. Als das alte Kunsthaus dem KKL weichen musste, wurde in die Kauernde aufs Inseli versetzt.

Diese drei schon fast vergessenen Kunst-Skandale aus dem 20. Jahrhundert haben drei Gemeinsamkeiten: 1. Die Öffentlichkeit empörte sich über die "Nacktheit" der drei Plastiken. 2. Nach der Aufstellung der Figuren flaute die Empörung rasch ab. 3. Aus heutiger Sicht ist die damalige Empörung kaum nachvollziehbar. Stellt sich nur noch die Frage, ob der Klotz auch unter Polizeischutz aufgestellt werden muss und ob er, falls er auf der Allmend keinen Platz mehr hat, ebenfalls aufs Inseli versetzt wird...

Quelle:
Paul Rosenkranz, Mathias Steinmann, Lisa Fuchs & Dominik Hertach (2001): Stadtführer Luzern. Hrsg. von Jürg Stadelmann, Ulla Schoedler, Josef Brülisauer & Ruedi Meier. Werd Verlag, Zürich.