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Dienstag, 31. Mai 2011

Eine Dampfschifffahrt ist lustig

Ein Eintrag über eine Fahrt mit dem frisch renovierten Dampfschiff Unterwalden, über die "Achereggbrückentauglichkeit" von Dampfschiffen, über einen glimpflich verlaufenen Crash und über die Probleme mit hochformatigen Videoclips.

Nachdem mein letzter Eintrag über die sonntägliche Wanderung so lange geworden ist, habe ich beschlossen, der Heimfahrt mit dem Raddampfer einen separaten Eintrag zu widmen, weil ich ein paar nette Anekdoten nicht verheizen wollte.

Mit diesem stolzen Salon-Dampfschiff dampften wir also von Alpnachstad zurück nach Luzern:



Der Schaufelraddampfer Unterwalden wurde gemäss Wikipedia am 18. Mai 1902 dem Verkehr übergeben. Er ist das zweitälteste Dampfschiff, das noch auf dem Vierwaldstättersee herumdampft, und steht unter Denkmalschutz. Die Unterwalden wurde von 2008 bis 2011 für 10 Millionen Franken generalrevidiert und in den Zustand von 1961 zurückgebaut. Am 7. Mai wurde das rundum erneuerte Dampfschiff mit einer Dampferparade eingeweiht.

Achereggbrücke voraus — Kopf einziehen!

Als wir beim Essen die Kellnerin fragten, warum es in letzter Zeit keine Dampfschifffahrten nach Alpnachstad gegeben habe, sagte sie die Unterwalden sei das einzige achereggbrückentaugliche Dampfschiff der SGV. Mit anderern Worten: Die Unterwalden ist das einzige Dampfschiff, das dank versenkbarer Steuerkabine, Teleskopkamin und klappbaren Masten die Achereggbrücke der A2 unterfahren kann.

Der Blick von Stansstad auf den Pilatus, Hergiswil und den Aufstieg zum Renggpass, den wir am Morgen bewältigt haben.

Die Unterwalden hat in ihrer 109jährigen Geschichte einiges erlebt (Können Dampfschiffe etwas erleben?): Sie war nicht immer ein so stolzer und herausgepützelter Dampfer wie heute. 1923 gab sie nach einem glimpflich verlaufenen Unfall ein eher tristes Bild ab:

Wegen eines Navigationsfehlers in der Dunkelheit und bei dichtem Nebel fuhr die Unterwalden am 23.10.1923 beim Hotel Nidwaldnerhof in Beckenried ins Ufer. Das Bild stammt aus dem Archiv von Josef Gwerder, Meggen, Quelle ist die Medienmitteilung der Shiptec zum Abschluss der 30monatigen Sanierung des Schiffs.

Ganz besonders stolz bin ich auf diesen 10-Sekunden-Clip vom Schiffsmotor der Unterwalden:



Leider habe ich mir gar nichts überlegt, als ich dieses Video mit Frau Froggs Digitalkamera hochkant aufgenommen habe. Auf dem Laptop konnte ich das Quicktime-Video zwar ansehen, aber nur in handelsüblichem Querformat. Das hatte zur Folge, dass ich mich zuerst schlau machen musste, wie ein Video um 90 Grad gedreht werden kann, fand aber hier relativ rasch eine gute Anleitung, die mir weiterhalf. Mit zwei heruntergeladenen Programmen gelang es mir, den Clip zu konvertieren und in Hochformat zu drehen — die technischen Details erspar ich den p.t. LeserInnen, aber mir ist schlagartig bewusst geworden, dass wir sozusagen nie hochformatige Filme anschauen — das macht nur Ärger!



Die Unterwalden nach unserer Ankunft in Luzern: Ist das nicht ein prächtiges Dampfschiff bei prächtigem Wetter vor prächtiger Kulisse?

Montag, 30. Mai 2011

Lieber oben drüber als unten durch

Bei wunderbarem Wetter sind wir gestern von Hergiswil (NW) über den Renggpass nach Alpnachstad gewandert — über einen uralten Übergang, der von Luzern ins Obwaldnische führt und von da weiter über den Brünig in den Süden. Doch schon bei der Anfahrt mit der S-Bahn gibt es einiges zu sehen. Und auf der Rückfahrt mit dem Raddampfer "Unterwalden" sowieso.

Auf der Fahrt mit der Zentralbahn von Luzern nach Hergiswil sind auf der linken Seite die Wohnhochhäuser auf der Luzerner Allmend zu sehen, die im Moment auf spektakuläre Art und Weise in den Himmel wachsen...



...und auf der rechten Seite der Pilatus, der auch aus dem Zugfenster recht erhaben wirkt.



Nach 12 Minuten Fahrt steigen wir am Bahnhof Hergiswil aus und beginnen unsere kleine Sonntagswanderung. Und das war unsere Route:

Zum Vergrössern auf die Karte klicken! Quelle der Basiskarte: map.geo.admin.ch

Bahnhof Hergiswil - Renggpass - Punkt 7, wo der Durchgang wegen Holzschlag gesperrt ist. Statt gemächlichem Abstieg über Alprüti und Grossrüti nach Alpnachstad (gestrichelte Route): steiler Abstieg nach Niderstad und dem Alpnachersee entlang bis zur Schifflände der SGV.

1 Start im Steuerparadies

Die Wegweiser vor der Kirche und der Übergang über die Autobahn

In Hergiswil, dem Steuerparadies vor den Toren Luzerns gäbe es einiges zu sehen — die schweizweit bekannte Glasi beispielsweise — wir aber hören vor allem das ohrenbetäubende Glockengeläut der Kirche und riechen die Abgase der Autobahn, die das Dorf zerschneidet. Immerhin: Wenige Meter oberhalb der Autobahn beginnt ein schöner Aufstieg über grüne Matten und Heuwiesen.

2 Panorama mit Kreuztrichter

Zum Vergrössern auf das Bild klicken!

Wie das Essen im Restaurant Seeblick Hüsli ist, weiss ich nicht, aber die Aussicht ist grossartig: Der Blick schweift vom Hüsli über die Horwer Bucht und die Horwer Halbinsel, Hergiswil (unten am See), den "Chrüztrichter" (wo die vier Arme des Vierwaldstättersees zusammenkommen), die Rigi, den Bürgenstock und den Lopper (rechts). Wo die felsigen Flanken des Loppers in den See tauchen, ist am gegenüberliegenden Ufer Stansstad auszumachen. Und im Schatten des Loppers ein langer weisser Strich im See: das ist die ehemalige Ponton-Ersatzbrücke für die Uferstrasse, die wegen Steinschlag und Felsabbrüchen monatelang nicht benutzbar war.

3 Heuen mit dem Laubbläser

Ein Stück weiter oben duftet es wunderbar nach Heu und noch ein Stück weiter ist es recht lärmig:
Ein Bauer ist dabei, an mit einem Laubbläser sein Heu "zusammenzurechen" — eine ganz neue Art des Heuens, die ich so noch nie gesehen habe. Ja, die Zeiten ändern sich...


4 Eine 450 Jahre alte Kapelle



Von der 1567 erbauten Kapelle bei den Rengghöfen ist es noch zehn Minuten bis zur Passhöhe.

5 Strategischer Übergang a. D.

Für Leute, die nicht mit einem Schiff unterwegs waren, war der Renggpass (886 m. ü. M.) früher der direkteste Weg von Luzern in den Süden — es war einfacher, weniger gefährlich und nicht unbedingt länger, oben drüber zu gehen als unten durch. Dass der Pass strategisch wichtig war, daran erinnern alte Grenzsteine und ein Gedenkstein (vgl. www.steinzeichen.ch). 1859 änderte dies schlagartig: Mit der Eröffnung der Lopperstrasse war es einfacher, den Lopper zu umfahren. Heute hat dieser Felsriegel mehr Löcher als ein Emmentaler Käse: Bahntunnels führen von Hergiswil Richtung Stans - Engelberg und Alpnach - Brünig - Interlaken. Hinzu kommt eine Autobahnverzweigung — die Autostrasse A8 zweigt unterirdisch von der A2 Richtung Brünig ab.

6 Im Landeanflug auf den Flugplatz Alpnach



Nach einem Abstieg durch den Wald erhaschen wir durch die Bäume einen ersten Blick auf den Alpnachersee. Das Seitental, das am Horizont in der Bildmitte zu erkennen ist, ist das Melchtal, das auf die Melchsee-Frutt führt, wo Frau Frogg und der Kulturflaneur manchmal die Skiferien verbringen.

7 Kein Durchgang

Von diesem Holzschlagplatz mit tollem Panorama geht der Blick über den Alpnachersee nach Osten Richtung Stans und Buochserhorn...



...und nach Süden Richtung Brünig und Berner Oberländer Alpen, doch der Weg auf die andere Seite des Tobels ist wegen Holzschlag gesperrt, so dass wir unsere Wanderroute ändern mussten.



8 An lieblichen Gestaden

Nach dem steilen Abstieg entlang des Widibachtobels, der Unterquerung von Zentralbahn und A8 gelangen wir an die Gestade des Alpnachersees.

Lärmschutzwände trennen die Häuser von Niderstad und den Wander- und Veloweg von der Autobahn. Rechts der Blick zurück ins Widibachtobel, das wir weit oben wegen Holzschlags nicht überqueren konnten.

Entlang des Ufers des Alpnachersees geht es Richtung Schifflände Alpnachstad:



Und hier kommt auch schon das Dampfschiff Unterwalden, das uns zurück nach Luzern nimmt:



9 Das Ziel unserer Sonntagswanderung: Alpnachstad

Nach gut zwei Stunden reiner Wanderzeit sind wir am Ziel unserer Wanderung: in Alpnachstad. Und wir freuen uns auf das Mittagessen auf dem Dampfschiff.

Alpnachstad mit Talstation der Pilatusbahn und Raddampfer Unterwalden am Steg.

Fortsetzung:
Eine Dampfschifffahrt ist lustig

Mittwoch, 25. Mai 2011

Polaroid for ever!

"Das Polaroidfoto lebt! Der Wiener Florian Kaps stellt unter dem Namen Impossible neue Filme für alte Sofortbildkameras her. Und er ist überzeugt, dass das Zukunft hat.", schreibt der Zürcher Tagesanzeiger heute im Lead zu einem ganzseitigen Artikel über die Kamera mit Kultstatus und die Ausstellung Facing the Impossible in Zürich — ein willkommener Anlass für eine Hommage.

Ich geb's ja zu: Ich bin erst Fan dieser Sofortbildkamera, seit es sie nicht mehr gibt — die Bilder waren mir oft zu schlecht und das Filmmaterial immer zu teuer. Den Charme dieser analogen Art zu fotografieren habe ich erst mit diesem digitalen Gadget, auf das mich mein Bruder hinwies, wiederentdeckt:


Polas schiessen ohne Polaroid-Kamera — leicht gemacht: Gratisprogramm Poladroid downloaden, installieren und starten, digitale Bilder auf die Kamera ziehen und schon geht's los! Das Geräusch einer analogen Polaroid-Kamera ist zu hören und auf dem Desktop erscheint ein Bild, das sich wie ein richtiges Pola allmählich entwickelt (siehe oberstes Bild mit zwei Bildern in unterschiedlichen Stadien). Natürlich weisen die poladroidisierten Bilder auch die charakteristischen Farbveränderungen auf. :-))

Die 1937 gegründete Firma Polaroid war so erfolgreich, dass ihr Name zu einem Synonym für Sofortbilder wurde. Doch mit dem Aufkommen der Digitalfotografie ging es mit Polaroid bergab. Als dann ein Betrüger auch noch einen Schaden von 3.5 Milliarden US-Dollar anrichtete, musste die Firma am 18. Dezember 2008 Insolvenz anmelden. Gemäss Wikipedia stellt Polaroid schon seit Februar 2008 keine Sofortbildkameras mehr her und am 17. Juni 2008 wurde auch die Produktion von Polaroid-Filmen eingestellt. Zu den besten Zeiten hatte das Unternehmen mit über 1000 Angestellten jährlich über 30 Millionen Filme produziert.

Das klägliche Ende von Polaroid rief die Fans auf den Plan: Mit Hamsterkäufen deckten sie sich noch mit Filmvorräten ein. Als Trost entwickelte Poladroid (mann und frau beachte den kleinen Unterschied) die digitale Polaroid-Kamera:


Das Official POLADROID demo video - v0.9.5 von paul_ladroid für alle, die das Geräusch nochmals hören, aber das Programm nicht runterladen wollen...

Mirakulöse Rettung in letzter Sekunde

Im letzten Moment und unter glücklichen Umständen (vgl. Artikel im Tagi) konnte der Wiener Florian Kaps die Produktionsmaschinen der letzten Polaroidfilm-Fabrik im holländischen Enschede kaufen — fehlte nur noch die Filmrezeptur, die er und ein paar Polaroid-Leute neu austüfteln mussten, weil sie keinen Zugang zur alten hatten. Inzwischen stellt seine Firma Impossible jährlich je eine Million Schwarzweiss- und Farb-Filme her. Geplant ist auch die Produktion einer neuen Kamera, weil die neuen Filme nicht 100%ig zu den alten Kameras passen.

Auch die wieder auferstandene Firma Polaroid gemerkt, dass ihr ehemaliges Starprodukt noch nicht das Ende des Lebenszyklus erreicht hat: Unter dem Label "Classic Instant" verkauft sie die neue Polaroid 300 und dazu passende Filme — allerdings nur in den USA und auch das nur halbherzig. Nach wie vor setzt Polaroid auf die digitale Fotografie und verkauft daneben Sonnenbrillen, Fernsehapparate, Computerzubehör etc.. Auch Lady Gaga, seit 2010 Creative Director von Polaroid, hat bemerkt, dass die alten Polas Kult sind: Auf der Homepage unter dem Stichwort "The Movement" betreibt Polaroid in Zusammenarbeit mit Flickr eine Foto-Galerie — am Widerspruch, dass die analogen Polaroid-Bilder zuerst digitalisiert werden müssen, um sie ins Netz zu stellen, stört sich niemand und auch nicht an der Tatsache, dass ein Teil der hochgeladenen Bilder ganz offensichtlich keine Polaroid-Bilder sind. Polaroid for ever — aber sicher nicht so!

Hinweis:
Die Ausstellung Facing the Impossible im ewz-Unterwerk Selnau in Zürich dauert noch bis am 29. Mai.

Montag, 23. Mai 2011

Don't cross the red line!

Rote Linien bedeuten selten was Gutes: Der chinesische Künstler Ai Weiwei hat die rote Linie zwischen Kunst und Recht überschritten — und sitzt dafür jetzt im Gefängnis. In den USA bedeutet Redlining das gezielte Vernachlässigen von Häuserblocks und ganzen Strassenzügen, um ein Quartier für die Getrification vorzubereiten.

Der Flyer zu einem Master-Talk der Hochschule Luzern - Design & Kunst vom vergangenen Samstag. Parallel dazu startete im Kunstmuseum Luzern eine Ausstellung über asiatische Landschaftsmalerei Shanshui. Die Landschaft in der chinesischen Gegenwartskunst, die von Ai Weiwei, Peter Fischer und Uli Sigg kuratiert wird.

In der Nacht vor der Veranstaltung war da plötzlich eine 800 Meter lange rote Linie auf dem Trottoir, die sich vom Kunstmuseum bis zum Kurpavillon, dem Veranstaltungsort des Master-Talks, zieht:

Quelle: www.luzernerzeitung.ch

Wie die Neue Luzerner Zeitung berichtet, sucht die Polizei immer noch den oder die VerursacherIn. Klar ist jedoch, dass ein Zusammenhang mit der Ausstellung im Kunstmuseum und der Veranstaltung im Kurpavillon besteht. Denn ursprünglich hätte auch Ai Weiwei am Master-Talk im Luzerner Kurpavillon sprechen sollen, doch der wohl bekannteste Künstler Chinas wurde am 3. April in Beijing verhaftet und wird seither von den chinesischen Behörden im Gefängnis von der Öffentlichkeit abgeschottet. Die Idee der roten Linie stammt aus China — schrieb doch die Staatszeitung "Global Times" am 6. April: "Ai Weiwei bewegt sich nahe der roten Linie des chinesischen Gesetzes. Wenn Ai Weiwei kontinuierlich weiter geht, wird er eines Tages die rote Linie unvermeidlich berühren." Dafür werde er den Preis bezahlen.

Die Luzerner Zeitung mutmasst, dass mit der roten Linie auf dem Quai jemand auf Ai Weiweis Schicksal aufmerksam machen wollte. Oder auf die "roten Linien" im öffentlichen Raum, wo unbewilligte künstlerische Interventionen von den Stadtbehörden nicht toleriert werden. Diese Erfahrung musste auch der iranische Künstler Shahram Entekhabi machen, der im Januar die Rathausbrücke mit Bändern sperrte. Seine Galerie bekam eine Strafanzeige.

Der Teaser zum kommenden Film Ai Weiwei: Never Sorry von Alison Klayman auf Vimeo.

Uli Sigg, ehemaliger Botschafter der Schweiz in China, Sammler chinesischer Gegenwartskunst, Freund und früher Förderer von Ai Weiwei sagt in diesem Videoclip, er habe ihn oft gewarnt, es gäbe eine klare Linie, ab der er als Menschenrechtsaktivist betrachtet würde. Sollte er diese Linie überqueren, sei der Fun mit der chinesischen Regierung zu Ende.

Ai Weiwei ist auch architektonisch tätig: Sein wohl bekanntestes Werk ist das "Vogelnest" in Beijing, das er zusammen mit Herzog & De Meuron realisiert hat. Und in Beijing betreibt er ein eigenes Architekturbüro: Fake Design. Er hat sich auch immer wieder mit der unkontrollierten und chaotischen Stadtentwicklung in China auseinandergesetzt und mit Videos die Missstände in den chinesischen Städten angeprangert.

A propos rote Linie: "Redlining" bezeichnet in den USA eine verbreitete Praxis der Banken, in Städten Zonen festzulegen, in denen sie keine Hypothekarkredite mehr gewähren. Ich habe auch schon gehört, dass in weissen Quartieren absichtlich einzelne Wohnungen an Schwarze vermietet werden, damit die Weissen rascher aus der betroffenen Nachbarschaft wegziehen. Als Konsequenz des Redlinings verlottern die Häuser innerhalb der roten Linie, bis sie derart heruntergekommen sind, dass es sich lohnt, diese oft citynahen Quartiere zu gentrifizieren.

Ob die rote Linie im Werbespot dieser Versicherung etwas Gutes bedeutet?

Sonntag, 22. Mai 2011

Solothurner Schanigärten in 3D

Die WienerInnen kultivieren ihre Schanigärten, voten online für ihren Favoriten und eine hochkarätige Jury verleiht jährlich den Goldenen Schani in verschiedenen Kategorien. Aber auch andernorts gibt es schöne Schanigärten — nur heissen sie da nicht so, sondern "Biergarten" oder wie bei uns in der Schweiz "Gartenbeiz".

Nachdem Frau Katiza mich in einem Kommentar zu Schani, trag den Garten aussi! aufgefordert hat, mich am Online-Voting um den schönsten Schanigarten Wiens zu beteiligen und ich mich ab den zum Teil hundslausigen Bildern genervt habe, präsentiere ich gerne die beiden Schanigärten der Genossenschaft Kreuz in Solothurn (bei der ich das Kulturprogramm veranstalte) in 3D:

Bitte aufs Bild klicken, um ins 3D-Bild unserer Gartenbeiz zu gelangen! Wer Lust hat, kann virtuell unser Restaurant, die Bar und den Saal im ersten Stock sowie unser Hotel besichtigen (grüner Pfeil) oder in Solothurn herumspazieren (blaue Pfeile).

Unsere zweite Gartenbeiz ist sehr lauschig und direkt am Fluss gelegen, in dem man im Sommer schwimmen kann:

Bitte aufs Bild klicken, um ins 3D-Bild unserer Sommerbeiz an der Aare zu gelangen! Wer Lust hat, kann auch von hier einen virtuellen Spaziergang durch Solothurn starten (blaue Pfeile) — die 3D-Bilder aus der Katedrale z.B. sind wirklich toll.

Quelle der 3D-Bilder: www.touchtown.ch

PS. Unser "Schani" sitzt auf dem oberen Bild in der Gartenbeiz, heisst aber nicht Schani und auch nicht Hans...

Samstag, 21. Mai 2011

Zeichnungen am Abendhimmel

Den Tischgrill hervorgeholt, Olma-Bratwürste gebraten, mit Frau Frogg gespritzten Weisswein getrunken und über Gott und die Welt geredet — und dann diese Zeichnungen am Abendhimmel:



Unglaublich, wie lange diese Kondensstreifen heute Abend am Himmel bleiben! Dadurch entstehen Muster von parallelen Linien, die von Flugzeugen stammen, die dieselbe Luftstrasse benutzt haben.

Da kommt mir folgende Geschichte in den Sinn: Wir waren im Tessin in den Ferien und hatten nichts besseres zu tun, als den Flugzeugen zuzuschauen, wie sie ihre Kondensstreifen an den Himmel zogen. Doch immer an der gleichen Stelle über dem Monte Forno flogen die Flugzeuge eine Kurve und ihre Kondensstreifen bekamen einen Knick. Wir konnten uns das nur so erklären, dass die Luftstrasse von Norden in den Süden an dieser Stelle eine Kurve macht — und wir mussten ein bisschen lachen ab der Vorstellung, dass sonst pfeilgerade Luftstrassen auch Kurven machen.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Doppel-Kreiselkunst im Future Valley

Über Kreiselkunst habe ich bisher immer ein bisschen die Nase gerümpft. Seit ich mich eingehender mit dem Thema befasst habe, weiss ich: Es gibt Kreiselkunst und Kreiselkunst — und seit heute auch Doppel-Kreiselkunst.

"Tension - Energy" vom griechischen Kunstprofessor Costas Varotsos: Die Skulptur besteht aus einer 25 Meter hohen, gebogenen Stahlnadel, einer Betonschüssel und einem 140 Meter langen Seil, das die beiden Elemente verbindet. Bild von Grazia Branco

Heute wird in beim D4 Business Center Luzern die Skulptur "Tension — Energy" von Costas Varotsos eingeweiht. Zu diesem Anlass wird eigens SF-Korrenspondent und Griechenland-Kenner Werner von Gent als "Keynote Speaker" eingeflogen. Das Kunstwerk, das sich in einem internationalen Kreiselkunst-Wettbewerb durchgesetzt hat, soll als "Landmark" das Future Valley Lucerne über die Region hinaus bekannt machen. Es sei ein Werk, das künstlerisch und ingenieurmässig die Grenzen sucht und das "die wirtschaftliche und kulturelle Dynamik inmitten der idyllischen Landschaft des Rontals aufzeigt", heisst es im Promotext. Gekostet hat diese Doppel-Kreiselkunst 450'000 Franken, die zum grössten Teil von 50 Unternehmen aufgebracht wurden.

Dieses Werk ist sicher nicht mit landläufiger Kreiselkunst vergleichbar und schon nur wegen seiner schieren Grösse erwähnenswert, aber mir ist vor allem das Drum und Dran zu dick aufgetragen. Kann es sein, dass hierbei nicht nur um Kunst geht? Ein interessantes Detail bestätigt mich in dieser Annahme: Projektleiterin ist Friederike Schmid, eine HSG-Ökonomin. Ihrer Firma Communication by Art bin ich kürzlich schon als Klotzologe begegnet: Bei der No Problem Sculpture in Zürich ist sie ebenfalls federführend...

Auch bei der landläufigen Kreiselkunst gibt es Klassenunterschiede:


Kreiselkunst in Arlesheim (BL) von Peter Mesmer und Kreiselkunst in Oftringen (AG)


Dienstag, 17. Mai 2011

Ein schaurig schönes Unglück

Haben Sie sich auch schon dabei ertappt, dass Sie Bilder eines Unglücks oder sogar einer Katastrophe so faszinierend fanden, dass Sie jedesmal gebannt hinschauen müssen, obwohl Sie die Bilder schon x-mal gesehen haben und Sie wissen, dass bei diesem tragischen Ereignis Menschen ihr Leben lassen mussten?

Mir jedenfalls geht es manchmal so, dass Bilder durch ihre ständige Wiederholung in den Medien ihren Schrecken verlieren und dafür eine gewisse — ich sage mal — Ästhetik des Grauens bekommen. Das letzte Mal ging es mir so mit dem grossen Fischkutter, der vom Tsunami in Japan wie ein Papierschiffchen über die Hafenmauer gespült wurde. Die Bilder von den Flugzeugen, die in die New Yorker Twin Towers rasen, haben sich so tief im kollektiven Bewusstsein festgesetzt, dass sie zu Ikonen des Bösen wurden. Abstrahiere ich einmal von den über 3000 Toten, die es bei 9/11 gab, üben die Bildsequenzen mit den Flugzeugen, die in die Türme des World Trade Centers fliegen, nach wie vor eine eigenartige Faszination aus.

Deshalb: Ist einmal der Leichengeruch verweht, können Bilder von einem Unglück irgendwie "schön" sein und durch die Distanz bisweilen sogar ein Schmunzeln bewirken, weil sie derart kurios sind. Dieses Bild hier ist zu einer schaurig schönen Ikone des Eisenbahnunglücks geworden — und fasziniert mich schon seit bald 30 Jahren:

Quelle: www.people.csail.mit.edu

Das Bild zeigt eine entgleiste Dampflokomotive, die am 22. Oktober 1895 aus dem Gare Montparnasse in Paris auf die zehn Meter tiefer liegende Strasse stürzte. Gemäss Wikipedia überlebten alle Zuginsassen das Unglück, aber unten auf der Strasse wurde die Zeitungsfrau Marie-Augustine Aguilard von den herabfallenden Trümmern erschlagen. Das schaurig schöne Bild jedoch ist heute noch weit verbreitet und posterwürdig.