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Mittwoch, 23. Mai 2012

Katastrophenikonographie

Warum wird gerade das Bild des halb zerstörten Zifferblatts am senkrecht gespaltenen Glockenturm in Finale Emilia zum Sinnbild für die Erdbebenkatastrophe in der Emilia Romagna? Weil es so schöne Titel hergibt wie "Endzeit in Finale Emilia" (Südostschweiz)? Weil Bilder von senkrecht gespaltenen Türmen selten sind? Weil Bilder von Turnhallen, die als Notunterkunft dienen, überall sein könnten?

Warum hat also gerade dieses Bild...


Quelle: www.suedostschweiz.ch

...oder dieses Bild hier das Potenzial zur Katastrophenikone?


Quelle: news.orf.at (Inzwischen ist auch die andere Hälfte des Turms kollabiert.)

Und warum diese Bilder nicht?

Quelle: Bildstrecke von www.20min.ch

Der angeknackte Turm der Stadthalle von Finale lässt sich möglicherweise flicken, aber die Schäden am Rathaus von Sant' Agostino sind wahrscheinlich irreparabel und sicher eine kleine Katastrophe. Eine mittlere Katastrophe ist das Erdbeben für die Parmesan-Industrie. Und für die Leute, die nicht mehr in ihre zerstörten Häuser zurückkehren können, ist auch ein Beben von der Stärke 6.0 persönlich eine grosse Katastrophe — dennoch wird uns das halbierte Zifferblatt in Erinnerung bleiben.

Montag, 21. Mai 2012

Die Seele der Schweiz in fünf Büchern

In den USA werden Literaturwissenschafter aufgefordert, Listen mit denjenigen 25 Romanen zu erstellen, die quasi das Land erschufen und formten, die das Wesen der Vereinigten Staaten literarisch am besten verkörpern. Im DRS4-Talk vom 6. April bat der Radiojournalist Eric Facon den emeritierten Literaturprofessor Peter von Matt um eine Liste mit fünf Büchern aus der Schweiz, die aus seiner Sicht die Schweiz beschreiben.

Von Matt, der übrigens gestern an den Solothurner Literaturtagen vor versammelter Schweizer Literaturprominenz seinen 75. Geburtstag feierte, zögerte mit der Antwort ein bisschen, weil fünf doch eine mörderisch kleine Zahl sei. Aber dann liess er sich doch dazu hinreissen, eine solche Shortlist der Schweizer Volksseele in der Literatur aufzustellen:
  1. Die "Lebensbeschreibung" von Thomas Platter, der um 1500 als Bergbauernbub in Grächen im Wallis geboren wurde und sich als Kind schon nach Europa aufmachte. Der weltläufige Walliser, der den Reformatoren Zwingli und den Humanisten Erasmus von Rotterdam persönlich kennen gelernt hatte, wurde ein angesehener Intellektueller, Buchdrucker, Verleger und Lehrer. Er hat auf Bitte seines Sohnes seine Lebensgeschichte aufgezeichnet — ein grandioser Text in Frühneuhochdeutsch.
  2. „Der Bauernspiegel“ von Jeremias Gotthelf — das Buch, aus dem die ganze Schweizer Literatur hervorgekrochen ist, ein ungeheuerlicher Wurf.
  3. Der herrlichste Roman — vielleicht der ganzen deutschen Literatur: „Der grüne Heinrich“ von Gottfried Keller.
  4. Dazu als Pendant im 20. Jahrhundert: „Stiller“ von Max Frisch — Grossstadtroman und Intellektuellenroman von ganz anderer Schärfe und ganz anderem Krisenbewusstsein.
  5. Aus der Westschweiz das Buch einer Frau: "Schwarze Erdbeeren" von Corinna Bille — ein Buch, das im Wallis spielt und die weibliche Stimme in einer ganz starken Weise repräsentiert.
Ich geb’s zu: Ich habe weder alle fünf Bücher gekannt, geschweige denn alle gelesen. Ich kann also nicht wirklich beurteilen, ob diese fünf Bücher das Wesen der Schweiz tatsächlich einigermassen akkurat zu fassen vermögen. Aber ich bin überzeugt, dass niemand diese schwierige Aufgabe besser lösen könnte als Peter von Matt, denn es gibt wohl kaum einen profunderen Kenner der Schweizer Literatur.

Überzeugt hat mich Peter von Matt mit seinem neusten Buch, das im Hanser-Verlag erschienen ist: Das Kalb vor der Gotthardpost. Zur Literatur und Politik der Schweiz. In "Die Schweiz zwischen Ursprung und Fortschritt. Zur Seelengeschichte einer Nation", dem ersten Text dieses Essaybands, schafft er es, über ein Bild 85 Seiten zu schreiben — selbstverständlich mit zahlreichen Exkursen, aber ohne langweilig zu werden. Die übrigen Essays sind kürzer, analysieren aber ebenso luzide Politik und Literatur der Schweiz. Ein gutes Dutzend Essays werfen interessante Schlaglichter auf die Grössen der Schweizer Literatur und machen einem so Lust, die Bücher dieser Schweizer Autoren wieder zu lesen und sich darin zu vertiefen, denn schliesslich sei der Mensch das "Geschichten erzählende Tier", sagte Peter von Matt am Radio.

Dienstag, 8. Mai 2012

Kulturreisli zu Bruder Klaus

Für die diesjährige Delegiertenversammlung der IG Kultur Luzern haben wir uns etwas besonderes einfallen lassen: ein Kulturreisli in den Kanton Obwalden zu Bruder Klaus. Vor der DV stand die Besichtigung des Museums Bruder Klaus in Sachseln auf dem Programm, nach der DV eine Schifffahrt nach Sarnen und eine Führung durch die neue Badi mit Aussicht.

Niklaus von Flüe — Vermittler zwischen Welten

Bruder Klaus, wie er sich als Einsiedler in Flüeli Ranft nannte, lebte von 1417 bis 1487, war Bauer, Politiker, Familienvater, Eremit und Mystiker. Er spielte mit seiner Vermittlung von 1481 beim Stanser Verkommnis eine entscheidende Rolle für die Eidgenossenschaft und ist deshalb so etwas wie der Nationalheilige der Schweiz. Das Museum Bruder Klaus, das 1976 eröffnet wurde, musste nach 35 Jahren baulich saniert werden. Gleichzeitig wurde die Ausstellung, die nicht mehr zeitgemäss war, von Grund auf neu gestaltet, was nicht ganz ohne Nebengeräusche ablief, ist doch die Darstellung des Lebens von Bruder Klaus nicht unumstritten: Als er sich für sein Eremitendasein entschied, liess er doch seine Frau Dorothea allein mit zehn Kindern auf dem Hof zurück...


Die IG Kultur im Foyer des Museums Bruder Klaus in Sachseln

Leise Reise — Sonderausstellung mit sechs Künstlerinnen

Schon bis anhin präsentierte das Museum Bruder Klaus neben der ständigen Ausstellung zum Leben von Niklaus von Flüe regelmässig auch Kunst von regionalen Künstlern und Künstlerinnen im Rahmen von Sonderausstellungen. In "Leise Reise" zeigen sechs Künstlerinnen ihre Werke aus ihrem Schaffen, drei von ihnen — Gielia Degonda, Maya Reinhard und Irène Wydler — sind auch in der neuen Grundausstellung mit Projektionen zu den Visionen von Bruder Klaus präsent.


Raumgänge, 15-teilig, 2007, von Anna-Maria Bauer (*1947)


Mauer spitzen, 2012, Installation mit Spitzwegerich von Maya Reinhard (*1969)
entre-deux, 2003, Video (5 Min.) einer Überfahrt über den Rotsee von Anna Margrit Annen (*1951)


Museumsleiter und Kurator Urs Sibler vor Werken von Irène Wydler (*1943), die von Heuschobern auf einer Allmend inspiriert sind


Viadi, 2011/2012, Acryl und Kreide auf Papier, 200 x 380 cm, von Gielia Degonda (*1937)


Leise Reise, 1999, Polyesterharzobjekt mit getrockneten Fischen von Monika Günther (*1944)

Die unaufgeregten, meist subtilen Werke der sechs Gegenwartskünstlerinnen ergänzen und kontrastieren sehr schön die vergangenheitsbezogene Ausstellung über Niklaus von Flüe.

Rundfahrt auf dem Sarnersee


Nach der DV fuhren wir mit MS "Seestern" nach Sarnen

Die Rundfahrt auf dem Sarnersee führte nah am Ufer entlang und zeigte die zahlreichen neuen Bonzenvillen von der Seeseite — Obwaldens Tiefsteuerstrategie findet augenfällig ihre ganz direkte Entsprechung in der gebauten Umwelt am Sarnersee.

Geile Badi mit Aussicht

Beim Zweijahrhunderthochwasser von 2005 wurde das Strandbad und der Campingplatz Sarnen bis zwei Meter hoch mit Geschiebe, Schutt und Geröll zugedeckt. Ein teures Hochwasserschutzprojekt soll eine Wiederholung der Katastrophe verhindern — und Sarnen bekam eine neue Badi, eine mit Aussicht:


Patrik Seiler (rechts) von der Architektengemeinschaft, die das eindrückliche und interessante Gebäude geplant hat, führte uns durch die neue Badi und stellte sich kritischen Fragen.


Vom Panoramabad im ersten Obergeschoss hat man eine traumhafte Aussicht auf den Sarnersee und die Berge. Das 25m-Schwimmbecken wird mit Solarenergie aufgeheizt.


Wahrlich eine geile Badi mit Durchblick. Gut möglich, dass ich diesen Sommer diese Badi auch mal mit Badehosen beehren werde.

Und: Danke, liebe IG Kultur, fürs Organisieren dieser vielseitigen und interessanten Kulturreise.

Freitag, 4. Mai 2012

100 kg Altpapier

Nachdem wir x Termine für die Entsorgung des Altpapiers verpasst haben, hat sich eine ziemliche Menge angesammelt. Heute haben wir es endlich geschafft, diesen gewaltigen Papierhaufen loszuwerden. Was für eine Erleichterung!



Das ist das Altpapier, das sich während einem halben Jahr bei uns angesammelt hat: 23 Bündel à 4 bis 5 Kilo sind 100 Kilo Altpapier, die wir 75 Treppenstufen runtergeschleppt haben. Hätten wir diesen Haufen aufs Mal hochschleppen müssen, bin ich mir sicher, dass wir alle Zeitungsabos umgehend gekündigt hätten und nur noch online Zeitung lesen würden.

Donnerstag, 3. Mai 2012

Der Lauf der Dinge

Letztes Wochenende ist David Weiss vom weltweit bekannten Künstlerduo Fischli Weiss mit 65 gestorben. Damit verliert die Schweizer Kunstwelt einen ihrer ironischen Farbtupfer, einen Künstler, der mit seinem feinsinnigen Humor seine Mitmenschen zum Nachdenken anregen konnte, und einen Künstler, der sogar aus toten Zeiten in Flughäfen Kunst machte.

Ich schreibe hier keinen Nachruf auf den Schweizer zum Schmunzeln (Spiegel-Online), sondern möchte nur an zwei, drei Werke von Fischli Weiss erinnern, die sich in meiner Festplatte eingebrannt haben:


Der Lauf der Dinge (1987, 29:45 min.) von Fischli Weiss, 10-minütiger Ausschnitt, hochgeladen auf dem Youtube-Kanal von Mediaart histories

Mit diesem halbstündigen Video von überraschenden Domino-Effekten am laufenden Band haben Fischli Weiss international den Durchbruch geschafft — und mit ihrer Spielfreude auch mein Kunstherz erobert.


Peter Fischli / David Weiss, "Modeschau (Die Wurstserie)" 1979, Bild: www.art-magazin.de

Dass man mit Essen nicht spielen darf, wurde mir von meinen Eltern beigebracht, doch wenn diese beiden genialen Bastler aus ihrem Kühlschrank eine Modeschau zaubern, dann ist das verzeihlich.


Peter Fischli / David Weiss, "Mick Jagger und Brian Jones befriedigt auf dem Heimweg, nachdem sie 'I Can't Get No Satisfaction' komponiert haben", Bild: www.art-magazin.de

Oft entfalten die ungebrannten Tonskulpturen der Serie "Plötzlich diese Übersicht", die in den Jahren 1981 und 2006 entstanden sind, ihren ganzen Witz erst, wenn man ihre Titel liest.

Nachdenklich und stutzig macht einem auch dieses Werk an einer Fassade eines Bürogebäudes in Zürich-Oerlikon:


Bild: thethingsinevertoldyou.wordpress.com

Auf ihrem Weg zur Arbeit fahren täglich Zehntausende mit der S-Bahn an diesen Empfehlungen von Fischli Weiss vorbei. Ob sich das nachhaltig aufs Klima am Arbeitsplatz auswirkt?


Untitled (Zurich), Bild: www.arttattler.com

Fischli Weiss sind weit in der Welt herum gekommen und müssen viele Stunden in Warteräumen an Flughäfen verbracht haben. Doch während andere mit Shopping und Zeitunglesen die Zeit tot schlagen, machten Fischli Weiss aus der Not eine Tugend: Sie fotografieren und dokumentieren Airports (1990 in der Edition Patrick Frey erschienen, aber leider vergriffen) — mit der Zeit hat sich eine grosse Zahl solcher Bilder angesammelt und in der Summe sind sie Kunst, die einen nicht nur über den Lauf der Dinge, sondern über den Lauf der Welt nachdenken und ein bisschen schmunzeln lassen.

Sonntag, 29. April 2012

Österliche Wetterkapriolen

Der April macht bekanntlich, was er will: Gestern bescherte uns der Föhn eine Tropennacht, am Ostersamstag wurden im Tessin verhagelt, am Ostersonntag war es mit Nordföhn schön, aber windig, und als wir am Ostermontag wieder nach Luzern kamen, lag hinter dem Haus noch Schnee - richtiges Aprilwetter halt.

Ostersamstag:


Arosio 10.55: bewölkt, aber trocken, eigentlich ganz passabel


Aranno 14.58: sturzbachartiges Hagelgewitter


Cademario 15.31: Hagelkörner an der Bushaltestelle


Breno 15.53: nach dem Gewitter noch wolkenverhangen

Ostersonntag:


Mugena 10.09: bei fast wolkenlosem Himmel sonnig


Im Tal hinter Mugena 10.35: Trotz Nordföhn ist es im Lee der Berge fast windstill.


Damm von Melide 12.35: schön, aber windig - der Nordföhn sorgt für zünftigen Wellengang

Ostermontag:


Luzern 15.02: sonnig, aber Schneeresten hinter dem Haus

Über die 7 Hügel des Malcantone

Endlich komme ich dazu, diesen schon lange angefangenen Fotoroman über unsere Wanderung im Malcantone fertigzustellen. Er handelt von Kastanien, Mortadella, von grossartigen Aussichten und verfrühten Hagelgewittern sowie einer Schifffahrt auf dem Lago di Lugano, die dieses Jahr nicht stattgefunden hat.

Zum Vergrössern auf die Karte klicken! Quelle der Karte: map.geo.admin.ch

Unsere Wanderroute (rot) führte uns von Arosio über Cademario und San Bernardo nach Santa Maria, von wo wir allenfalls (rot gestrichelt) nach Magliaso absteigen wollten, um dann in Caslano das Schiff zu nehmen. Allerdings war das Wetter schon so schlecht, dass wir uns entschieden über Iseo nach Aranno weiterzuwandern. Gelb eingezeichnet ist unser Ostersonntagsspaziergang, der ein Teilstück des Sentiero del castagno (gelb gestrichelt) ist.

1 Sentiero del castagno

Wer meinen Eintrag über die Lehrpfaditis gelesen hat, kennt meine ambivalente Haltung gegenüber Themenpfaden. Aber der Kastanienweg ist informativ und doch nicht oberlehrerhaft — ich kann ihn also durchaus empfehlen, zumal die Kastanie im Malcantone allgegenwärtig ist:



Solche "Kastanien-Igel" gibt es in jedem nicht mehr genutzten Kastanienhain, also fast überall. Und dieses eigenartige Gebäude, unweit vom Albergo San Michele, ist eine "grà", ein Gebäude, in dem früher Kastanien getrocknet und haltbar gemacht wurden. Dies und anderes Wissenswertes zur Kastanienkultur erklärt ein gut gemachter Leporello (PDF) zum Sentiero del castagno, aus dem auch die Schemazeichnung einer "grà" stammt.

2 Altes und neues Arosio




Arosio im Uhrzeigersinn: Der Palazzo am Dorfplatz und Wendeplatz des Postautos, der Friedhof und die Kirche von Arosio, ein altes Haus mit der Aufschrift "TELEPHONO NO. 12" (Das waren noch Zeiten, als Telefonnummern noch zweistellig waren!) und ein neues Betonhaus, das sich von den alten Steinhäusern seiner Umgebung deutlich abhebt und sich dennoch gut ins Dorfbild einfügt.

3 Schwarzwald — Weisswald



Vor vier Jahren war Ostern im März. Damals hat Frau Frogg im selben Wald ein Foto geschossen, auf dem es Schnee auf den Bäumen hat. So kalt war es diesmal nicht und die Vegetation war schon frühlingshafter: Oberhalb des Wanderwegs ein Buchenwald mit weissen Stämmen und zart spriessendem Grün, unterhalb ein nicht mehr genutzter Kastanienhain mit schwarzen Stämmen, aber noch ohne Blätter.

4 Im Anflug auf Lugano-Agno

Das Panorama von Cademario — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Obwohl die Berge waschküchenartig wolkenverhangen sind, ist dieses Panorama sehenswert: Im Vordergrund das Dörfchen Cademario, das vor allem für sein Kurhaus bekannt ist, im Mittelgrund Lugano Airport, der aber mit seinen sechs, sieben Linienflügen pro Tag im Vergleich zum nahen Mailänder Flughafen Malpensa ein doch eher bescheidenes Verkehrsaufkommen aufweist. Dahinter von links nach rechts: Die Agglomeration Lugano, die Stadt Lugano ihrem Seebecken und den zwei markanten Hügeln, dem Monte Bré und dem San Salvatore, die Gotthardautobahn und der Lago di Lugano, der neben dem Kirchturm von Cademario ein zweites Mal zu sehen ist. Die Berge und Hügel ganz im Hintergrund gehören grösstenteils bereits zu Italien.

5 Mortadella auf dem Holzweg



In Cademario haben wir uns ein Picknick gekauft: Ein Tessinerbrot, das auch im Tessin "pane ticinese" heisst, Formagini und eine Ladung Mortadella, die man riechen können müsste — schade, gibt es im Internet keine olfaktorische Funktion, ein SmellTube für Gerüche. Und dann war da noch diese unglaublich lange und hohe Holzbeige, die sich wie eine Wand unserem Weg entlang zog: Wir fühlten uns buchstäblich auf dem Holzweg.

6 San Bernardo



Auf jedem Hügel eine Kirche, die mit "Stairways to Heaven" in Szene gesetzt wird. Von San Bernardo sieht man durch den Wald auf das
Kurhaus von Cademario, das aber zur Zeit geschlossen ist, weil es umgebaut und aufgepeppt wird. Die Wiedereröffnung ist für Winter 2012/13 geplant.

7 Santa Maria mit tollem Rundblick



Noch schöner ist die Treppe zum zweiten Bergpreis dieser Wanderung, zum Kirchlein Santa Maria. Auf der Plattform vor der Kirche wird man mit einem tollen Rundblick für den nicht einmal besonders strapaziösen Aufstieg belohnt. Leider noch wolkenverhangener, aber voilà:

Das Express-Panorama von Santa Maria — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

8 Landregen in Iseo

Wieder unten am Kirchenhügel und zurück auf dem Bergrücken, der den Malcantone von der Region Lugano trennt, begann es zu regnen. Und Frau Frogg war mir dankbar, dass ich neben einem Regenschutz auch einen Regenschirm dabei hatte.



9 Sturzbäche in Aranno



Was in Iseo noch als harmloser Landregen begonnen hatte, wuchs sich bis Aranno zu einem veritablen Frühlingsgewitter mit Hagel aus. Die Dorfstrasse verwandelte sich im Nu zum Dorfbach — die Verkehrskegel von der nahen Baustelle gingen buchstäblich den Bach runter. Wir nahmen das Postauto nach Cademario, tranken einen Coretto con Grappa, nahmen das nächste Postauto nach Breno, von wo wir Autostopp nach Arosio machten, weil in Breno die Dorfbeiz zu war...

10 Variante mit Schifffahrt

Bei schönerem Wetter hätte mich der Abstieg nach Magliaso und die Schiffahrt von Caslano nach Ponte Tresa und zurück nach Lugano gereizt. Bei einer früheren Gelegenheit haben wir das schon einmal gemacht:


Quelle: Società Navigazione del Lago di Lugano

Die Schifffahrtsgesellschaft auf dem Lago di Lugano führt die Crociera Panoramica dieses Jahr vom 1.4. bis am 21.10. durch: Caslano ab 15.28, Lugano an 17.30, Rückfahrt nach Arosio mit dem Postauto (Umsteigen in Lamone-Cadempino). Bei schönem Wetter ist das eine tolle Kreuzfahrt, die wir nur empfehlen können.

Freitag, 27. April 2012

Schanigärten by night

Heute ist einer der ersten Abende, an denen man noch lange draussen sitzen kann — nicht im T-Shirt, aber immerhin. Kein Wunder herrscht in den Schanigärten vom Kreuz Solothurn noch Hochbetrieb.

Hier habe ich über unsere Schanigärten in 3D geschrieben und hier über die Eröffnung der Solothurner Schanigarten-Saison, aber dass Gartenbeizen auch nachts attraktiv sind, zeigen folgende Bilder von...

...der Gartenbeiz des Kreuz Solothurn...





...und der Sommerbeiz an der Aare:



Dienstag, 10. April 2012

Schlechter Kanton

Ostern verbrachten wir wieder einmal im Malcantone, im "schlechten Kanton" — diese Übersetzung hat zwar ihren Reiz, ist aber wahrscheinlich doch zu salopp. Warum das westliche Hinterland von Lugano so heisst, ist nämlich ungeklärt, es gibt immerhin drei recht verschiedene Deutungsansätze. Ausserdem ist im Schweizerdeutschen "en schlächte Kanton" auch ein Ausdruck für einen unzuverlässigen Menschen.

Doch zuerst ein paar Bilder von unserem Albergo mit gigantischer Chügelibahn (ein Traum für jeden Göttibub!) und toller Aussicht über den Malcantone:




Obwohl Frau Frogg jedes Mal friert, zieht es uns an Ostern immer wieder nach Arosio ins Ristorante e Albergo San Michele. Die Küche ist ausgezeichnet, die Zimmer sind einfach, aber schön und preiswert, und die Aussicht traumhaft. Ausserdem ist Arosio als oberstes Dorf im Tal gut zu erreichen und ein idealer Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen. Hier der Ausblick von unserem Zimmer:

Die Hügel des Malcantone bei unserer Ankunft am Karfreitag, 6. April 2012, um 19 Uhr: Die Strassen sind noch nass vom Regen — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Doch warum heisst der Malcantone "schlechter Kanton"? Vor knapp einem Monat hat die Mailbox von Schweizer Radio DRS versucht, genau diese Frage zu beantworten:

Deutungsversuch 1: Malus angulus
Im 17. Jahrhundert bezeichnete der Bischof von Como die damals sehr arme Gegend als "schlechten Winkel" oder als "schlechte Ecke", weil ihre Bewohner nicht besonders gläubig waren und den Zehnten nur widerwillig ablieferten. Cantone heisst übrigens auf Deutsch nicht nur "Kanton", sondern auch "Ecke".

Deutungsversuch 2: Magli — Hammerschmieden
Entlang der Magliasina, die das Tal entwässert, gab es früher zahlreiche Hammerschmieden und Mühlen. Gut möglich, dass "magli", der Plural vom italienischen Wort "maglio" (= grosser Hammer, Ramme), im Tessiner Dialekt zu "mal" abgeschliffen wurde. Dann wäre der Malcantone der "Hammerkanton" oder die "Hammerecke".

Deutungsversuch 3: Gegend der schlechten Kantonisten
Laut einer dritten Variante bedeutet Malcantone "unsicheres Gebiet", weil die dicht bewaldeten Hügel Kriegern, Deserteuren, Räubern, Schmugglern sowie Flüchtlingen Unterschlupf boten.

Gemäss Mundartlexikon könnte der Ausdruck "schlechter Kanton" damit zu tun haben, dass zu Zeiten der alten Eidgenossenschaft Soldaten kantonsweise ausgehoben wurden. Dieser schweizerdeutsche Ausdruck ist das Pendant zu "schlechter Kantonist", stammt aus dem 18. Jahrhundert und stand ursprünglich für einen, der sich durch Flucht aus seinem Kanton der Rekrutierung entzogen hat. Der Malcantone wäre dann das Land der Deserteure oder zumindest der schlechten Kantone...

Der Blick aus unserem Zimmer am Ostersonntag, 8. April 2012, um 11.15 Uhr zeigt ein vom Nordföhn gewaschenes Panorama — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Ich finde: Der Malcantone ist doch gar nicht so ein schlechter Kanton und eine recht schöne Ecke des Tessins!