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Mittwoch, 25. Juli 2012

Der Wettlauf auf den Berg

Als wir den Trip auf das Jungfraujoch machten, zeigte ich meinen Gästen aus den USA das Wetterhorn und erzählte ihnen, dass der Wetterhorn-Aufzug, die erste Sektion der Luftseilbahn auf den Grindelwalder Hausberg, aus Angst vor Konkurrenz von der Jungfraubahn aufgekauft, stillgelegt und später abgebrochen worden sei — eine sehr schöne Story, aber höchstwahrscheinlich nur eine alpine Legende, die sich hartnäckig hält.


Auf der Postkarte mit dem Wetterhorn-Aufzug ist im Hintergrund die Eigernordwand und die kleine Scheidegg zu sehen. Bildquelle: www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?f=32&t=3168&start=25

Die Wetterhornbahn war schon mit einem grossen Rückstand in den Wettlauf auf den Berg gestartet: Bei Baubeginn 1905 hatte die Jungfraubahn schon die Station Eismeer auf 3158 m.ü.M. erreicht. Ursprünglich wollte der deutsche Ingenieur Wilhelm Feldmann eine Bahn mit vier Sektionen auf das 3701 Meter hohe Wetterhorn bauen — damit hätte er das Jungfraujoch höhenmässig übertroffen. Ausserdem war Feldmann überzeugt, dass die "stundenlange Tunnelfahrt" in der Jungfraubahn mit dem Erlebnis einer Fahrt mit seinem Bergaufzug nicht konkurrieren könne.


Der Wetterhorn-Aufzug überwand 116% Steigung, was so steil ist, dass ein Schlitz verhindern musste, dass die Kabine das Tragseil streift. Bildquelle: www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?f=32&t=3168&start=25

Als die erste Sektion 1908 ihren Betrieb aufnahm, begann in der touristischen Erschliessung der Berge ein neues Kapitel: Der Wetterhornaufzug war nämlich nicht nur die erste konzessionierte Luftseilbahn der Schweiz, sondern war auch in der Technik mustergültig, besass doch die Anlage alle wesentlichen Sicherheitsmerkmale heutiger Luftseilbahnen. "So waren z.B. zwei Trag- und zwei Zugseile sowie zwei unabhängige Bremssysteme vorhanden. Die Laufwerke der Kabinen waren mit Fangbremsen ausgestattet und neben einem manuellen Behelfsantrieb (bei Stromausfall) gab es auch ein Bergungssystem für den Fall einer verkeilten Kabine." (Wikipedia)


Auch wenn das Publikum nicht auf dem Dach mitfahren durfte, zeigt dieses Bild, dass der Wetterhorn-Aufzug die Bergbahn-Innovation von 2012 schon ein Jahrhundert vorwegnahm: die Fahrt auf dem Oberdeck der Cabrio-Bahn aufs Stanserhorn. Bildquelle: www.griwa.com/index.php?Grindelwald_for_excellence:Grindelwald_fr%FCher

Der Wetterhorn-Aufzug, der pro Stunde und Richtung 110 Personen befördern konnte, war bei den TouristInnen sehr beliebt, denn die stützenlose Fahrt über dem oberen Grindelwaldgletscher war spektakulär. Dennoch kam die Wetterhornbahn nie in die schwarzen Zahlen. Als wegen des Ersten Weltkriegs die Gäste ausblieben, musste die Bahn ihren Betrieb nach nur sechs Jahren einstellen und nahm ihn später nicht wieder auf. Die Betriebskonzession erlosch 1927, ohne dass eine Verlängerung beantragt worden wäre, und ein Steinschlag beschädigte die Talstation so stark, dass die Bahn im Sommer 1934 abgebrochen werden musste.

Was von der ersten öffentlichen Luftseilbahn der Schweiz bleibt: die Bergstation, die wie ein Adlerhorst an den Felswänden klebt, und zwei rekonstruierte Kabinen, die im Verkehrshaus der Schweiz (mit Original-Laufwerk) und am ehemaligen Standort der Talstation neben dem Hotel Wetterhorn in Grindelwald an die seilbahntechnische Pionierleistung erinnern.


Um die Bergstation Enge (1677 m.ü.M.) vor dem Verfall zu bewahren, wurde sie saniert. Doch zuvor mussten die Mitglieder des Bergführervereins drei Tage lang Steinbock-Mist aus dem Gebäude tragen (vgl. www.jungfrauzeitung.ch). Bild von Nadia Zwahlen auf www.vimudeap.de, The Virtual Museum of Dead Places


Originalgetreu nachgebaute Kabine des Wetterhorn-Aufzugs neben dem Hotel Wetterhorn in Grindelwald. Bildquelle: www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?f=32&t=3168&start=25

Dass die zweite Sektion der Wetterhornbahn, obwohl sie bereits geplant war, nie gebaut wurde, hatte verschiedene Gründe: Die erste Sektion brachte zu wenig ein, um den Weiterbau finanzieren zu können, und dann machte auch noch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs der Wetterhornbahn einen dicken Strich durch die Rechnung. Dass die Talstation der zweiten Sektion nicht unmittelbar neben der Bergstation der ersten platziert werden konnte, war ein konzeptueller Fehler, der den Weiterbau erschwerte. Als schliesslich auch noch die Talstation durch Steinschlag massiv beschädigt wurde, war dies das Aus für die Bahn aufs Wetterhorn.

Fazit: Nach der ersten Etappe hatte die Wetterhornbahn den Wettlauf auf den Berg schon verloren, da musste ihre grosse Konkurrentin, die Jungfraubahn, gar nicht mehr nachhelfen — der Ruin kam von alleine. Dennoch war der Bau des Wetterhorn-Aufzugs eine bewundernswerte Pioniertat im Seilbahnbau.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Jungfraujoch — sold out!

Selbstverständlich waren wir gestern nicht die einzigen, die "Top of Europe" besuchen wollten, war doch für gestern das beste Wetter der ganzen Woche angesagt. Aber dass das Jungfraujoch ausverkauft sein würde, hätten wir dann doch nicht gedacht. Doch als wir kurz vor elf Uhr an der Talstation in Grindelwald ankamen, stand da eine Tafel: Jungfraujoch sold out! Zum Glück hatten wir unsere Tickets schon am Vortag übers Internet gekauft.

Obwohl ich schon über 50 bin, war ich noch nie auf dem Jungfraujoch, das für jeden Bergbahn- und Panoramafan ein absolutes Highlight ist. Deshalb habe ich meinem Bruder und seiner Familie, die aus den USA auf Besuch sind, den Ausflug aufs Jungfraujoch vorgeschlagen. Und obwohl der Trip ins Berner Oberland nicht ganz billig war, hat er sich voll gelohnt. Wir waren begeistert.



Schon auf der Kleinen Scheidegg (2061 m.ü.M.) gab es ein prächtiges Panorama zu bestaunen und mein Neffe entdeckte tatsächlich einige Bergsteiger in der Eigernordwand.

Das berühmte Berner Oberländer Dreigestirn: Eiger, Mönch und Jungfrau — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Von der kleinen Scheidegg überwindet die heuer 100 Jahre alte Jungfraubahn auf 9.3 Kilometern eine Höhendifferenz von 1393 Metern. Auf dem Weg nach oben hält die Zahnradbahn dreimal und jeder Halt bietet einen spektakulären Ausblick.



Da sich auch der Eigergletscher klimabedingt zurückzieht, ist die Station Eigergletscher auf (2320 m.ü.M.) nicht mehr unmittelbar
neben dem Gletscher, aber die Aussicht auf den Mönch ist dennoch eindrücklich. Ab hier verläuft der Rest der Fahrt im Tunnel.



Als ich von der Station Eigerwand (2864 m.ü.M.) aus dem Fenster aufs schweizerische Mittelland blickte, sah ich auch den Abgrund der sich unterhalb des Fensters auftut — und musste unwillkürlich an die zahlreichen Filme über die Erstbesteigung der Eigernordwand und die vielen todesmutigen Bergsteiger denken, die in dieser Wand aus Fels und Eis ihr Leben lassen mussten. Ein kalter Schauer kroch mir den Rücken hinunter.



Die Station Eismeer auf 3158 m.ü.M. befindet sich auf der Rückseite des Eigers bietet einen tollen Ausblick auf die Gletscherwelt zwischen Eiger und Schreckhorn:

Aus dieser Perspektive wirkt das Schreckhorn (links der Mitte) gar nicht so schrecklich, ist aber der bergsteigerisch anspruchsvollste Viertausender der Berner Alpen — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Auf dem Jungfraujoch (3454 m.ü.M.), der höchstgelegenen Bahnstation Europas, angekommen, tut sich schliesslich eine ganz eigene Welt auf, die von TouristInnen aus aller Welt bevölkert wird. Top of Europe ist neben der UNO-Stadt Genf wahrscheinlich die internationalste Ecke der Schweiz. Durch unterirdische Gänge erreicht man schliesslich das Sphinx-Observatorium, von wo der Rundblick überwältigend ist:


Jura, Mittelland und Mönch


Mönch und Aletschgletscher


Aletschgletscher und Jungfrau — zum Vergrössern auf die Bilder klicken!

Aber auf dem Jungfraujoch gibt es auch noch anderes zu sehen:



Freche Bergdohlen etwa oder ...



... ein Panoptikum mit der Essenz der Schweiz ...



... oder eine Höhle im Gletschereis.


Die touristischen Anlagen auf dem Jungfraujoch — vieles davon ist unterirdisch.

Und wer hungrig ist, kann sich in einem der drei Restaurants verpflegen — im Restaurant Bollywood gibt's als Konzession an die vielen Gäste aus Indien sogar indisches Essen. Fazit: Bei schönem Wetter ein faszierender Ausflug ins Hochgebirge — manchmal wird das touristische Erlebnis überinszeniert, aber das nimmt man an einem solch grossartigen Ort in Kauf.

Sonntag, 8. Juli 2012

Pool mit grandioser Aussicht

Als ich auf der Suche nach einer geeigneten und zahlbaren Ferienwohnung in der Region Locarno Frau Frogg vor die Wahl zwischen einer Wohnung direkt am Lago Maggiore und einem Pool mit grandioser Aussicht stellte, musste sie nicht lange überlegen und entschied sich für den Pool mit zugehöriger Ferienwohnung in Contra.


Der Pool mit Aussicht auf die Magadino-Ebene und ...

... den Lago Maggiore.

Als wir zwei Stunden zu früh in Contra ankamen, war der Schlüssel nicht gelegt und die Ferienwohnug noch nicht bereit, aber der zum Haus gehörende Pool war wirklich cool. Er entschädigte uns für den Ärger mit dem Schlüssel und versüsste uns die Wartezeit bis zum Bezug der Ferienwohnung, die natürlich auch eine grossartige Aussicht bot.

Das Pool-Panorama: Hinter der Hecke mündet das Val Verzasca in die Magadino-Ebene, die von zwei Grünstreifen durchzogen wird — den Ufergehölzen entlang des Ticino (hinten) und der Verzasca (vorne). Gut zu sehen ist auch das Delta der beiden Flüsse im Lago Maggiore. Das Dorf vorne am See ist Tenero mit den schweizweit bekannten Campingplätzen. Die höchsten Berge im Hintergrund: Der Camoghe (2228 m) ob Giubiasco, der Ceneri-Pass (554 m), der das Tessin in den Sopraceneri und den Sottoceneri teilt, der Monte Tamaro (1962 m) und Monte Gambarogno (1734 m) ob dem Lago Maggiore (Seespiegel auf 193 m).

Zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Donnerstag, 5. Juli 2012

Ein Unglück kommt selten allein

Unsere Ferien standen unter einem schlechten Stern: Schon die Anreise verlief nicht reibungslos. Pech hatten wir auch mit Restaurants und Grotti, die immer grad dann zu hatten, wenn wir gerne etwas gegessen oder getrunken hätten, oder mit Postautos, die an der Haltestelle einfach vorbeifuhren. Aber das ist alles nichts, wenn einem der Vater stirbt. Ich bin traurig.


Mein Vater mit seiner Lebenspartnerin an seinem 80. Geburtstag vor zwei Jahren (Bild: Christoph Hitz)

Trotz allem hatten wir eine schöne Zeit im Tessin, haben einige schöne Wanderungen und Ausflüge gemacht und auch sonst viel erlebt — ich werde noch darüber schreiben...

Samstag, 16. Juni 2012

Wanderung im Bähnliland

Als wir vor zwei Wochen kurzentschlossen zu einer Wanderung im innovativen Bähnliland Nidwalden aufbrachen, stand für uns von Anfang an fest, dass eine Wanderung in einer so bergbahnverrückten Gegend nur von Bergstation zu Bergstation führen kann: von der Klewenalp nach Niederrickenbach.

Bei schönstem Wetter war schon die Anreise traumhaft:




Von Luzern per Schiff auf dem Vierwaldstättersee nach Beckenried und von da mit der Luftseilbahn auf die Klewenalp.

Für einmal habe ich das obligate Panorama schon vor Beginn der Wanderung aufgenommen — die Aussicht auf der Plattform neben der Bergstation der Klewenalpbahn ist wirklich spektakulär:

Zum Vergrössern aufs Bild klicken! Zu sehen sind von links nach rechts: die Bergstation, der Bürgenstock (hinter den Seilen der Bahn), der Vierwaldstättersee (zuhinterst: das Küssnachter Becken), die Rigi, links der grossen Tanne Gersau und rechts Brunnen, der Talkessel von Schwyz und die Mythen, ganz rechts schliesslich das Berggasthaus Klewenalp.


Hier die Route unserer Wanderung von der Klewenalp nach Niederrickenbach:

Zum Vergrössern auf die Karte klicken! Gestrichelt: Direktere Route mit wenig Höhendifferenzen (war wegen Schnee noch zu). Quelle der Karte: map.geo.admin.ch

1 Putzige Kerle auf der Klewenalp


Diese Murmeltiere in einem kleinen Gehege auf der Klewenalp haben für meinen Geschmack zu wenig Platz — das schien sie aber nicht zu stören, sie waren im Gegenteil gut gelaunt und äusserst spielfreudig.

2 Wanderautobahn


Dieser Weg ist Teil einer familientauglichen Rundwanderung auf der Klewenalp — eine richtige Wanderautobahn!

3 Die Klewenalp ist auch ein Skigebiet


Die Wintersportinfrastruktur wird immer futuristischer...

Auf dem kleinen Sattel verzweigen sich die verschiedenen Wanderrouten: Von der Klewenalp kommend geht es nach links das Tal, das im Bild zu sehen ist, hinunter zur Stockhütte (Seilbahn nach Emmetten), nach rechts hangparallel nach Bärenfallen und weiter nach Niederrickenbach (gestrichelte Route) oder halbrechts hangaufwärts übers Sätteli zum Brisenhaus des SAC (Ausgangspunkt für etliche Bergtouren) — diesmal wegen Schnee auch unsere Route.

4 Alpine Soundscape


Das Bähnliland ist katholisch und auf jeder Alp steht ein solches Kreuz.

Obwohl die Alp noch nicht bestossen war, waren von weiter unten Kuhglocken zu hören, was mich auf eine Geschichte bringt, die ich auf einer früheren Wanderung von der Klewenalp nach Niederrickenbach erlebt habe: Ich war unterwegs mit Frau Froggs Freunden aus England. Irgendwann blieben die beiden ganz erstaunt stehen und sagten, dass man auch in England über Kuhweiden wandern könne, doch im Unterschied zu hier sei es da ganz still, weil die Kühe in England keine Glocken tragen. Dem englischen Paar hat die Soundscape auf der Klewenalp sehr gefallen.

5 Brisenhaus — Ausgangspunkt für Bergtouren


Das Brisenhaus (1753 m ü. M.) gehört der SAC-Sektion Pilatus

Vom Brisenhaus, das Bergbeiz und Ausgangspunkt für etliche Bergtouren ist, führte unser Weg relativ steil den Hang hinunter ins Tal und auf der anderen Talseite dem Hang entlang nach Niederrickenbach.

6 Enzian und Pusteblumen


Wo der Schnee erst grad weg war, blühten Soldanellen. Während weiter oben erste Enziane am Wegrand waren, war der Löwenzahn hier unten im Tal schon verblüht und die ganze Wiese voll von Pusteblumen.

Prächtig und immer wieder faszinierend, diese Alpenfauna!

7 Bergkloster Niederrickenbach


Nach etwa drei Stunden reiner Wanderzeit erreichten wir das hoch über dem Engelberger Haupttal gelegene Niederrickenbach (im Hintergrund: Stanserhorn und Pilatus).


Der Blick zurück auf prächtige Heuwiesen und die Nidwaldner Berge...


...und vorwärts auf die Klosteranlage von Niederrickenbach.

Rückfahrt und ein Hinweis

Von Niederrickenbach ging's mit einer kleinen, aber feinen Seilbahn wieder ins Tal runter nach Dallenwil und mit der Zentralbahn zurück nach Luzern:



Eine schöne Fahrt, allerdings waren wir nicht die einzigen, die das schöne Wetter in den Bergen genossen hatten und nun im Zug sassen...

Ein Hinweis: Mit diesem Eintrag verabschiede ich mich in die Ferien. Wir fahren ins Tessin.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Innovatives Bähnliland

Nidwalden ist ein Bähnliland, so sehr ein Bähnliland, dass es sogar ein Bähnli-Quartett mit den Bildern von 32 Nidwaldner Bergbahnen gibt. Die NidwaldnerInnen sind nicht als besonders fortschrittlich bekannt, aber wenn es sich um Innovationen bei Bergbahnen handelt, gehören sie zur Avantgarde.


Das Bähnli-Quartett Nidwalden/Engelberg — zum Vergrössern aufs Bild klicken!
Zum Quartett gibt's neben den 32 Spielkarten auch eine Übersichtskarte, die zeigt, wo die Bahnen sind. Von den 32 Bahnen habe ich bis anhin erst 14 ausprobiert (siehe Bild).


Stanserhorn-Bahn, 1. Sektion (1a) *)

Die erste Nidwaldner Bergbahninnovation stammt von Hotelier und Eisenbahnpionier Franz Josef Bucher-Durrer, der die Standseilbahn aufs Stanserhorn bauen liess. Die 1893 eröffnete Bahn war weltweit die erste, die mit der neu patentierten Zangenbremse ausgestattet war. Dieses Bremssystem, das im Falle eines Seilrisses verhindert, dass die Bahn talwärts saust, ist heute noch Standard.

Hammetschwand Lift (1d)

Auch für die zweite Bergbahninnovation sorgte Franz Josef Bucher-Durrer, der am Bürgenstock den frei stehenden Lift vom Felsenweg auf die Hammetschwand bauen liess. Der 1903 - 1905 erbaute Lift galt seinerzeit als technisches Meisterwerk, war gemäss Wikipedia zeitweise der schnellste Aufzug und ist heute noch der längste Freiluft-Lift Europas. Nachts wird der beleuchtete Lift zum weit herum sichtbaren Wahrzeichen des Bürgerstocks. Niemand wusste Berg und Bahn besser zu inszenieren als Bahnpionier und Touristiker Bucher-Durrer, der den Lift selber zu einer Attraktion machte.

Titlis Rotair Stand-Titlis (7a)

Die Bergbahninnovationen der neueren Zeit dienen nur noch der Vermarktung: Auch mit einer herkömmlichen Seilbahn wäre die Fahrt auf den Titlis spektakulär genug, doch die erste drehbare Luftseilbahn der Welt setzt seit 1992 das Tüpfchen auf das i des Panorama-Erlebnisses — man schwebt bei der Fahrt auf die 3020 m ü. M. gelegene Bergstation durch eine eindrückliche Berglandschaft und dabei dreht sich die Kabine einmal pro Fahrt um ihre eigene Achse. Siehe auch mein Beitrag Der demokratisierte Blick ins Rund vom 30.1.2011.

Stanserhorn-Bahn, 2. Sektion (1b)

Wo schon Bucher-Durrer mit seinem Bremssystem Furore machte, wird Ende Juni 2012 die neuste Bergbahninnovation eröffnet: Die neue CabriO-Bahn aufs Stanserhorn, die die alte Seilbahn von 1975 ersetzt, ist wieder eine Weltneuheit — mit der ersten doppelstöckigen Luftseilbahn lässt sich die Fahrt auf dem Oberdeck open air und mit wehenden Haaren erleben:


Bild: www.luzernerzeitung.ch

Die Berge sind zwar noch die gleichen, aber der Blick auf die Berge wird immer wieder neu inszeniert.

*) In Klammern: Karte des Bähnli-Quartetts

Donnerstag, 31. Mai 2012

Suburbane Sehnsucht

Bemalte Unterführungen verraten viel über lokale Befindlichkeiten und Sehnsüchte. Doch selten ist der Gegensatz zwischen "heiler Welt" im Bild und lebensweltlicher Realität so krass wie in der S-Bahn-Station Nänikon-Greifensee. Gemalt wird ein Landleben, wie es auch die Landbevölkerung nicht mehr zurückhaben möchte, gelebt wird ein "suburban way of life", ein von der Dienstleistungsgesellschaft geprägter Lebensstil.


Die suburbane Sehnsucht nach dem Landleben

Gemäss Statistik ist Greifensee seit 1970 Teil der Agglomeration Zürich. 1966 hatte das Landstädtchen mit mittelalterlichem Kern noch 442 Einwohner, nur zehn Jahre später waren es über 5000. Seither ist die Bevölkerung dieser suburbanen Wohngemeinde einigermassen konstant. Von den über 3800 Erwerbstätigen, Schüler und Studierenden im Jahr 2000 waren 73% Pendler, die vor allem nach Zürich (41%), aber auch ins benachbarte Uster (17%) und die übrigen Gemeinden des Glatttals pendelten. Die französische Kurzbeschreibung dieses Lebens: métro — boulot — dodo. Von den fast 3000 Erwerbstätigen waren nur gerade 23 im primären Sektor tätig, während zwei Drittel im Dienstleistungssektor beschäftigt waren (Quelle: BfS, Eidg. Volkszählung 2000).


Und so sieht der "suburban way of life" real aus: Wohnen in Göhners Plattenbauten — ans ländliche Leben erinnern nur noch die Schrebergärten entlang der S-Bahn.


Zum suburbanen Patchwork des mittleren Glatttals gehören auch solche Büro- und Gewerbebauten mit den zum "suburban way of life" passenden Arbeitsplätzen.

Das Wohnen in Göhners Plattenbauten und das Arbeiten in suburbanen Gewerbezentren muss nicht a priori schlecht sein, aber dieses Leben in Suburbia unterscheidet sich doch krass von gemalten "heilen Welt", die den PendlerInnen an der S-Bahn-Station tagtäglich vor Augen geführt wird.

Mittwoch, 30. Mai 2012

Hymne auf den Voralpenexpress

All die legendären Züge, wie den Trans-Europ-Express oder den Orient-Express, gibt es längst nicht mehr. Allenfalls verkehren sie noch in einer restaurierten Nostalgieversion als Sonderzüge für Touristen. Der Voralpenexpress hingegen, der unter diesem Namen seit 1991 quer zu den Hauptlinien Luzern mit St. Gallen und Romanshorn verbindet, ist sicher nicht so berühmt, aber dafür immer noch unterwegs und ein Geheimtipp unter Kennern.

An Pfingsten hatte Frau Froggs Bruder Geburtstag — ein Grund für eine Reise mit dem Voralpenexpress. Ein zweiter Grund: Der VAE führt durch landschaftlich reizvolle Gegenden. Bis ins sanktgallische Schmerikon beispielsweise ist links oder rechts fast immer ein See zu sehen. Ein dritter Grund für mich ist Nostalgie: 1997 bis 1999 pendelte ich mit dem VAE von Stäfa nach Luzern.


Der Voralpenexpress in Luzern ist abfahrtsbereit.


Der VAE zelebriert sich selbst: Auf den Fensterbrettern zeigt eine Karte die Strecke: Luzern - Küssnacht - Arth-Goldau - Biberbrugg - Pfäffikon - Rapperswil. Der Rest der Strecke ist nicht mehr auf dem Bild. Sie führt über Wattwil, Herisau und St. Gallen bis nach Romanshorn an den Bodensee. (Die roten Zahlen beziehen sich auf die Zwischentitel im nachfolgenden Text.)

1 Luzerner Becken, Pilatus und Verkehrshaus


Das Luzerner Becken ist ein Arm des weit verzweigten Vierwaldstättersees, dahinter der Luzerner Hausberg: der Pilatus.


Das Verkehrshaus, der Voralpenexpress und der Fotograf. Das Verkehrshaus ist wohl das beliebteste Schulreiseziel der Schweiz und ein Traum für jeden Göttibuben. (Eine Statistik der beliebtesten Reiseziele von Gruppenreisen in der Schweiz suchte ich vergeblich.)

2 Küssnachter Becken und Küssnacht am Rigi


Das Küssnachter Becken ist ein weiterer Arm des Vierwaldstättersees, dahinter die Königin der Touristenberge: die Rigi.


Küssnacht am Rigi ist nicht das erste Mal in meinem Blog: Vor einem Jahr war es Ziel der viel gelesenen Expedition in die Agglomeration und vor einem halben Jahr berichtete ich über das Klausjagen in Küssnacht und die Folgen für unser Wohnquartier.

3 Zugersee, Rossberg und Arth-Goldau


Diesmal ist der See auf der linken Seite: Der Zugersee und der Rossberg. Von Immensee nach Arth-Goldau benutzt der VAE die Geleise der Gotthardalpentransversale Basel - Chiasso - Milano. Sie führen an der Nordflanke der Rigi dem Zugersee entlang.


Arth-Goldau ist für zweierlei bekannt: Für den Bergsturz, der 1806 zwei Dörfer begrub und 457 Tote forderte, und für seinen Bahnknotenpunkt: Hier vereinigen sich die verschieden Zubringerlinien von Luzern, Basel und Zürich zur Gotthardlinie und hier kreuzt der Voralpenexpress die Gotthardstrecke.

4 Lauerzersee, Mythen und der Schwyzer Talkessel


Der nächste See ist wieder auf der rechten Seite: der Lauerzersee. Als er im letzten Winter zugefroren war, haben Jugendliche nachts das eingeschlossene Eis-Gas abgefackelt.


Kurz danach ist der Talkessel von Schwyz mit den Mythen zu sehen.

5 Das Hochmoor von Rothenturm und Biberbrugg


Vor 25 Jahren war diese 10 qkm grosse Hochebene zwischen Rothenthurm und Biberbrugg ein Politikum. Die Schweizer Armee wollte in dieser letzten grossen zusammenhängenden Moorlandschaft des Alpennordrands einen Waffenplatz bauen. Doch sie hatte nicht mit dem starken Widerstand der Lokalbevölkerung gerechnet. Die Rothenturmer lancierten eine nationale Volksinitiative zum Schutz der Schweizer Moore, die 1987 mit 57% Ja deutlich angenommen wurde — im Kampf von David gegen Goliath hatte sich der in seiner Existenz bedrohte Bauer Adolf Besmer gegen das übermächtige Armee-Establishment durchgesetzt, was damals eine politische Sensation war. Im Detail nachzulesen ist diese interessante Geschichte eines erfolgreichen Widerstands hier.


Das Bild vom Bahnhof Biberbrugg zeigt: Hier sind definitiv nicht mehr die Biber, sondern die Verkehrsplaner am Werk. In Biberbrugg sind die Abzweigungen von Strasse und Schiene nach Einsiedeln.

6 Zürichsee, Pfannenstiel und der Seedamm


In Schindellegi erscheint rechterhand der Zürichsee. Im Hintergrund das Zürcher Oberland. Gut zu sehen sind die Inseln Ufenau und Lützelau sowie der Seedamm von Rapperswil, der den Zürichsee und den Obersee (rechts) trennt und das schwyzerische Pfäffikon mit dem sanktgallischen Rapperswil verbindet. Bevor der Voralpenexpress über diesen Damm fährt, kurvt er eine 50 Promille steile Rampe an den Zürichsee hinunter — auch ohne Kehrtunnels ist die aussichtsreiche Strecke recht spektakulär.


Kein See, sondern nur ein Weiher ist der Itlimoosweiher, dahinter sind der Zürichsee und die Hügelkette des Pfannenstiels zu sehen.


Die Kunst am Bahnhof von Wollerau zeigt das schwyzerische Steuerparadies von oben. Mit diesem Bild endet diese Hymne an den Voralpenexpress, weil der Akku meiner Kamera erschöpft war — anyway mehr Seen gab's bis St. Gallen nicht mehr zu sehen.

Balkon-Bloggen

Seit bei uns das Internet aus der Stromsteckdose kommt, können wir auch ohne WLAN Balkon-bloggen. Zugegeben, es braucht einige Vorbereitungen: Sonnenstoren runterkurbeln, Liegestuhl aufstellen, Badetuch ausbreiten, Kleider aus- und Badehose anziehen, sauren Most einschenken und last but not least den Compi in der Balkonsteckdose einstecken — und schon kann's losgehen mit der Open-air-Surferei.



Es ist herrlich, wenn einem beim Surfen ein kühlendes Lüftchen über den Körper streicht und die Vögel zwitschern und pfeifen. Kann das jemand nachvollziehen oder bin ich der einzige Balkon-Blogger?