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Freitag, 19. Juli 2013

Sonntagsspaziergang zum Kuhstall

Am Tag 2 in der Sächsischen Schweiz hatten wir keine Energie für eine grosse Wanderung, aber für einen Sonntagsspaziergang zum Kuhstall reichte sie allemal. Um das Malersujet der Romantik im Original zu besichtigen, kann man sich heutzutage nicht mehr hochtragen lassen, sondern muss den Kuhstall schon selbst erwandern, aber die zweistündige Rundtour lohnt sich auch heute noch.

Mit dem Solartram fahren wir nochmals ins Kirnitzschtal zum Ausgangspunkt der kleinen Rundwanderung, dem Lichtenhainer Wasserfall.

Im Aufstieg zum Kuhstall in einem kleinen, bewaldeten Tal treffen wir auf diesen skurilen Felsen. Solche Felsen — das werden wir im Verlauf unserer Wanderferien noch feststellen — gibt es in der Sächsischen Schweiz im Hunderterpack.


Skuril ist aber auch der Kuhstall, eine Felsformation, die eigentlich ein grosses Felsentor ist, das zu einem grossen Felsenbalkon führt, der eine grossartige Aussicht auf den bewaldeten Talkessel der Kirnitzsch am Fuss des Grossen und Kleinen Winterbergs bietet:





Der Kuhstall, ein oft gemaltes und fotografiertes Felsloch — Die Himmelsleiter führt aufs "Dach" des Kuhstalls — Die Metalltreppe im Felsspalt ist nur für Schwindelfreie (Frau Frogg nahm deshalb den Alternativweg.) — Der Felsbalkon mit der grossartigen Aussicht — Auf dem "Dach" des Kuhstalls

Die Aussicht auf den bewaldeten Talkessel am Fuss der Winterberge — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Für den Abstieg ins Kirnitzschtal wählen wir einen anderen Weg. Unten im Tal folgen wir dem munteren Flüsschen zurück zum Lichtenhainer Wasserfall:



Nach diesem ausgiebigen Sonntagsspaziergang haben wir uns das Mittagessen im Gasthof Lichtenhainer Wasserfall redlich verdient:




Die Spezialität des Hauses — frische Wacholder-heissgeräucherte Forelle mit Kräuterbutter, Sahnemeerrettich und Kartoffeln — schmeckt hervorragend, dazu passt ein kühler Weisswein aus Meissen.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Mit dem Solartram in den Nationalpark

Am Tag 1 in der Sächsischen Schweiz sind wir mit der Strassenbahn ins Kirnitzschtal gefahren. Das Tram, wie die Bahn in der Schweiz heissen würde, fährt mehr oder weniger durch den Wald und erschliesst seit 1898 die Touristenattraktion des Tals: den Lichtenhainer Wasserfall. Trotz ihres Alters ist die Kirnitzschtalbahn hochmodern — sie fährt zu einem beträchtlichen Teil mit Solarstrom, der auf dem Dach des Depots produziert wird.


Bereit für Ruckel-Zuckel-Fahrt in den Wald: die Kirnitzschtalbahn an der Ausgangsstation am Stadtpark von Bad Schandau

Die Strassenbahn ins Kirnitzschtal ist immerhin schon 115 Jahre alt und deshalb schon einiges erlebt, unter anderem einen grossen Auftritt in einem Film zusammen mit Hollywoodstar Kate Winslet. Für die Dreharbeiten für den deutsch-amerikanischen Kinofilm Der Vorleser wurde 2008 ein Triebwagen und ein Anhänger nach Görlitz verfrachtet, wo die Strassenbahnszenen mit Kate Winslet als Schaffnerin Hanna Schmitz gedreht wurden. Die ergreifende Geschichte einer unmöglichen Liebe zwischen Schüler Michael Berg und Hanna nimmt eine tragische Wende, weil Hanna sich so schämt, dass sie vor Gericht ihr Geheimnis partout nicht preisgeben will:


Der deutsche Trailer von Der Vorleser auf youtube

Doch nicht immer scheint die Sonne für das Solartram — dieses Jahr z.B. war die Bahn wegen des Elbhochwassers in den Strassen von Bad Schandau nicht mehr erreichbar und dann wurden ihre Geleise auch noch von einer Schlammlawine verschüttet, ausgelöst vom Unwetter am 9. Juni. Fünf Tage lang musste die Bahn ihren Betrieb einstellen. Noch schlimmer traf die Bahn eine Flutwelle der Kirnitzsch, die am 7. August 2010 am Trassee und am Rollmaterial schwere Schäden verursachte:

Quelle: www.ovps.de. Der Werbeslogan des Zürcher Verkehrsverbunds, "Dieses Tram ist auch ein Schiff", wäre hier doch ein bisschen zynisch.

Es dauerte 18 Monate, bis alle Schäden behoben waren, und die Bahn wieder bis zu ihrer Endhaltestelle beim Lichtenhainer Wasserfall verkehren konnte. Die Kirnitzschtalbahn ist eben unverwüstlich!



Was bot Tag 1 sonst noch? Den Lichtenhainer Wasserfall, den Überblick über die Sächsische Schweiz vom Panoramaweg (Lichtenhain - Mittelndorf - Altendorf - Bad Schandau) sowie einen ersten Ausblick auf Bad Schandau.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Wanderparadies an der Elbe

Wie ich in meinem letzten Eintrag geschrieben habe, ist die Sächsische Schweiz ein Wanderparadies. Es gibt hier nicht nur den Malerweg, den man in acht Tagen erwandern kann, sondern auch viele lohnenswerte Tageswanderungen und -ausflüge.

Nach dem wir — wie Frau Frogg schreibt — mit der S-Bahn in Katastrophengebiet getuckert sind, blieben uns zehn Tage, um das Wanderparadies zu erkunden:

Zum Vergrössern auf die Grafik klicken! Basis-Grafik erstellt mit Google Maps.

Unsere Wander- und Ausflugsziele in der Sächsischen Schweiz. S = Haltestellen der S1 Meissen - Dresden - Pirna - Bad Schandau - Schöna. Blaue Linien: Sächsische Dampfschifffahrt auf der Elbe (Pirna - Königstein) und Kirnitzschtalbahn (Bad Schandau - Lichtenhainer Wasserfall).

Tag 1: Panoramaweg — ein erster Überblick

Fahrt mit der Kirnitzschtalbahn zum Lichtenhainer Wasserfall, Wanderung über den Panoramaweg via Mittlndorf und Altendorf zurück nach Bad Schandau.


Tag 2: Kuhstall — Sonntagspaziergang
zum Malersujet


Kleine Rundwanderung vom Lichtenhainer Wasserfall zum Kuhstall und zurück. Hin- und Rückfahrt mit der Kirnitzschtalbahn.


Tag 3: Schrammsteine — aussichtsreiche Tour

Mit Personenaufzug zum Ortsteil Ostrau, Wanderung via Schiessgrund - Schrammsteinaussicht - Elbleitenweg - kleine Bastei nach Schmilka, Rückfahrt mit Bus.


Tag 4: Festung Königstein — auf Napoleons
Spuren

S1 nach Königstein, Aufstieg zur Festung, Rundgang und Besichtigung, Abstieg nach Königstein, S1 zurück nach Bad Schandau.


Tag 5: Bastei — eine Ikone der
Sächsischen Schweiz


Mit S1 und Fähre zum Kurort Rathen, Wanderung via Burg Altrathen und Bastei zur Stadt Wehlen, Rückfahrt mit Fähre und S-Bahn.


Tag 6: Lilienstein — der Klassiker
unter den Steinen


Mit S1 nach Königstein, Elbfähre, Aufstieg auf den Lilienstein, Abstieg nach Prossen und Wanderung zurück nach Bad Schandau.


Tag 7: Děčín — Stadt der zwei Geschwindigkeiten

Mit dem Zug der Elbe entlang ins tschechische Děčín, Besichtigung von Stadt, Schloss und Rosengarten.


Tag 8: Grosser Winterberg — Top of
Sächsische Schweiz


Bus nach Schmilka, Wanderung via Kipphorn-Aussicht - Gr. Winterberg zum Lichtenhainer Wasserfall, zurück mit Kirnitzschtalbahn.


Tag 9: Von Pirna nach Königstein —
mit dem
Schaufelraddampfer

Bus nach Pirna, Besichtigung der Stadt, Fahrt mit dem Schaufelraddampfer elbaufwärts nach Königstein, Bus zurück nach Bad Schandau.


Tag 10: Bad Schandau — Lesen und Regenspaziergang

Regnerischer Tag mit Spaziergang durch unseren Ferienort. Bild: FroggFoto



Wir haben viel unternommen, viel gesehen und noch viel zu bloggen.

Montag, 15. Juli 2013

Schweiz — Sächsische Schweiz

Vergleichen ist oft problematisch. Wenn aber ein Schweizer Paar in der Sächsischen Schweiz Ferien macht, dann ist das fast schon ein Must. Und wer hat's erfunden? Zwei Schweizer Maler, die 1766 an die Dresdner Kunstakademie berufen worden waren und wohl ein bisschen Heimweh hatten. Die Sächsische Schweiz ist übrigens nur eine von vielen Schweizen — allein in Deutschland gibt es die Raumbezeichnung Schweiz 67 mal.

Die Bezeichnung Schweiz ist ein sehr erfolgreiches Exportprodukt, wie die Marketingorganisation Schweiz Tourismus ermittelt hat: Weltweit gibt es mindestens 191 Schweizen ausserhalb der Schweiz — siehe Liste auf Wikipedia. In der Romantik wurde es Mode, jede auch nur ein bisschen hügelige Landschaft mit touristischem Potenzial mit dem Prädikat "Schweiz" zu überhöhen. Schon damals spottete Theodor Fontane über die inflationäre Verschweizerung der deutschen Landschaften: "Die Schweize werden jetzt immer kleiner, und so gibt es nicht bloß mehr eine Märkische, sondern bereits auch eine Ruppiner Schweiz" (vgl. Wikipedia zur Landschaftsbezeichnung Schweiz). Also bei uns hat dieser alte Verkaufstrick voll funktioniert: Nach der Sächsischen haben wir auch noch die Böhmische Schweiz besucht...

Die beiden Maler aus der Schweiz, Adrian Zingg und Anton Graff, waren also voll im Trend ihrer Zeit, als sie dem sächsischen Teil des Elbsandsteingebirges das Prädikat Schweiz verpassten, weil sie sich an den heimatlichen Jura erinnert fühlten. Während die Sächsische Schweiz mit den Alpen wenig gemein hat, ausser dass es da auch Felsen gibt, ist der Vergleich mit dem Tafeljura einigermassen nachvollziehbar:



Oben: Schweizer Tafeljura bei Anwil BL (Bild: Beat Schaffner)
Unten: Landschaft in der Sächsischen Schweiz bei Altendorf

Mit ihren Bildern halfen die beiden Schweizer Künstler aber auch mit, die Sächsische Schweiz zu promoten, denn wer Zinggs Bild der Felsformation Kuhstall gesehen hat, muss einfach das Original besuchen! Heute noch vermarktet der Tourismusverband Sächsische Schweiz den Malerweg, eine achttägige Wanderung, mit den Bildern bekannter Maler, die die Sächsische Schweiz gemalt haben:


Oben: Adrian Zingg, Der Kuhstall, 1786 (Bildquelle: commons.wikimedia.org)
Unten: Kulturflaneur, Der Kuhstall, 2013

Die Fremden wurden im 19. Jahrhundert buchstäblich auf Händen getragen: Wer nicht selber zum Kuhstall hochwandern wollte (weniger als eine Stunde), konnte sich vom Pferd oder von Trägern hochtragen lassen. Und auch in Sachsen keine Schweiz ohne richtigen Wasserfall: Für die TouristInnen wurde der Lichtenhainer Wasserfall erhöht und durch ein aufziehbares Stauwehr mit schwallartigem Abfluss zur Touristenattraktion aufgemotzt:


Das historische Schild aus den Anfängen des Fremdenverkehrs in der Sächsischen Schweiz mit den Taxen für Pferde und Sesselträger und der Lichtenhainer Wasserfall mit Schwallfunktion

Wenn ich aber Schweiz und Sächsische Schweiz vergleichen müsste, dann würde ich vor allem die grösseren Höhenunterschiede erwähnen: In der Sächsischen Schweiz hatten wir nach keiner der sechs oder sieben Wanderungen Muskelkater, nach der ersten kleineren Wanderung zurück in der Schweiz aber schon — auch bei einer kleinen Tour sind die Höhendifferenzen in der richtigen Schweiz schnell einmal doppelt oder dreimal so gross. Das gilt auch für freistehende Aufzüge:


Der 1904 erbaute Personenaufzug in Bad Schandau zum Ortsteil Ostrau (rund 52 m hoch) und sein grosser Bruder in der Schweiz, der 1903 bis 1905 erbaute Hammetschwandlift am Bürgenstock (153 m hoch) (Bildquelle: www.swissfot.ch)

Neben all den Unterschieden haben die beiden Schweizen vor allem eine Gemeinsamkeit: Sowohl in der Schweiz als auch in der Sächsischen Schweiz kann man wunderbar wandern.


Nachtrag am 1. August 2013
Zum heutigen Nationalfeiertag hat die NZZ eine interaktive Karte mit den Schweizen in aller Welt ins Netz gestellt — anscheinend hatten wir die Nase voll im Wind:


Um auf die interaktive Karte der NZZ zu gelangen auf obigen Screenshot klicken! Danke für den Hinweis, lieber Trox.

Freitag, 12. Juli 2013

Ich wäre ein Neustädter

Würde ich in Dresden leben, wäre ich ein Neustädter. Denn: In der Dresdner Neustadt gibt's alles, was es für ein cooles Quartier und ein urbanes Leben braucht: Coole Beizen, coole Läden, coole Kulturangebote und ein lebendiges Quartierleben:















Oberstes Bild: FotoFrogg

Allerdings: Sobald ein Stadtviertel so trendy wird wie Dresden-Neustadt, steigt der ökonomische Druck auf die günstigen Ladenlokale und Wohnungen. Kreative Nischen werden von lukrativeren Nutzungen verdrängt — und diejenigen, die viel zur Attraktivierung des Quartiers beigetragen haben, können es sich nicht mehr leisten, da zu leben. Noch gibt es nicht viele luxussanierte Häuser in der Neustadt, aber ich bin mir sicher: Die Gentrification hat bereits begonnen.

Vom 22. bis 24. Juni 1990 wurde die Bunte Republik Neustadt ausgerufen und mit einem grossen Stadtteilfest gefeiert. Seither feiert sich die Neustadt jeden Juni von Neuem — wenige Male von Ausschreitungen überschattet, meist aber friedlich. Die Bunte Republik Neustadt lockt jeweils über 100'000 BesucherInnen an. In den mehr als 20 Jahren hat sich die BRN allmählich entpolitisiert, dafür ist das Neustädter Stadtteilfest wahrscheinlich das einzige, das ein eigenes Museum hat: Es lebe die Bunte Republik Neustadt!

Mittwoch, 10. Juli 2013

Mehr als ein blaues Wunder

Am zweiten Tag in Dresden machen wir uns auf zu Dresdens Blauem Wunder. Unterwegs erleben wir aber mehr als ein blaues Wunder — ein erlebnisreicher Tag an der Elbe als Bildergeschichte.

Unser erstes blaues Wunder, das wir erleben, ist mehr grau als blau: Als wir von der Neustadt ans Elbufer vorstossen, sind im Dresdner Rosengarten die Rosen noch ganz verschlammt — was nicht anders zu erwarten war — und auch sonst sieht es wüst aus, so dass wir gar nicht sicher sind, ob wir auf dem Elbuferweg zum Blauen Wunder gehen können. Und: Es riecht nach Hochwasser.



Es zeigt sich dann aber bald, dass der Elbuferweg wieder begehbar ist.

Das nächste blaue Wunder erlebten nicht wir, sondern die DresdnerInnen, die 2005 in einem Bürgerentscheid mit einer 2/3-Mehrheit den Bau der Waldschlösschenbrücke befürworteten, aber nicht damit rechneten, dass die UNESCO 2009 der Kulturlandschaft Dresdner Elbtal wegen der neuen Brücke den Welterbetitel aberkennen würde, ein bis dato europaweit einmaliger Vorgang. Jetzt ist der "Sündenfall" fertiggestellt und wird Ende August dem Verkehr übergeben — damit wird unter den episch und leidenschaftlich geführten Dresdner Brückenstreit ein vorläufiger Schlussstrich gezogen.



Das ehemalige Weltkulturerbe, die Elbwiesen mit der Dresdner Skyline, und der "Sündenfall", die Waldschlösschenbrücke.

Unser zweites blaues Wunder erleben wir an der Stelle, wo der Elbuferweg aus den Elbauen in den Prallhang unter dem Albrechtsberg übergeht. Der Weg ist nicht mehr passierbar und über etwa 15 Meter mit knöcheltiefem Schlamm bedeckt. Es hilft nichts: Durch diesen Dreck müssen wir durch.

Nach einer ausführlichen Schuhreinigung gehen wir zur Strasse hoch, die von Dresden nach Loschwitz führt. Als wir an der recht stark befahrenen Strasse für eine Station den Bus nehmen wollen, erleben wir unser drittes blaues Wunder: Der Busfahrer weigert sich, uns für die kurze Distanz von etwas mehr als 600 Metern Fahrscheine zu verkaufen.

Unser viertes blaues Wunder ist tatsächlich blau — oder zumindest die Stützen der Schwebebahn Dresden sind es. Obwohl die Bahn von Loschwitz nach Oberloschwitz nur 84 Höhenmeter überwindet, ist es eine Bergbahn — das hätten wir SchweizerInnen im ostdeutschen "Flachland" nicht erwartet. Die 1901 eröffnete Bahn ist übrigens ein technisches Unikum: Sie gilt als weltweit einzige Hängebahn, die keine Adhäsionsbahn ist.



Oben: aus der Kabine der "hängenden Standseilbahn"
Unten: der Blick vom vierten aufs das Blaue Wunder


Zum Vergrössern aufs Bild klicken! Das Panorama von der Bergstation zeigt einen tollen Blick auf das Elbtal — in der Mitte das Blaue Wunder von Dresden.

Die 1893 fertiggestellte Loschwitzer Brücke, die Blasewitz mit Loschwitz verbindet, wurde vom Volksmund in Blaues Wunder umbenannt. Wunder, weil die metallene Auslegerbrücke eine grosse Spannweite ohne Pfeiler im Fluss überwindet, blau wegen der Farbe des Anstrichs. Das Blaue Wunder wird nicht mehr ewig halten — die DrednerInnen müssen sich schon bald etwas einfallen lassen, wenn sie ihr Blaues Wunder auch noch weiter erleben wollen.


Der Brückenkopf in Loschwitz und das Blaue Wunder

Übrigens: "Hellblaues Wunder" fände ich passender.

Dienstag, 9. Juli 2013

Dresdner Stadtbummel, Teil II

Nach Teil I und einem Getränkehalt in einem Biergarten hinter der Frauenkirche geht unser Dresdner Stadtbummel weiter, vorbei an einem gigantischen Wandbild aus Porzellan zum Dresdner Schloss. Wir gehen um den Zwinger und werfen einen Blick ins Nymphenbad, passieren die Semperoper und checken nochmals den Pegelstand.

Vorab noch dies: Frau Frogg hat in Dresden für Kurzentschlossene zwei Rundgänge getestet, die versprechen, die Essenz von Dresden zu vermitteln. Testsieger ist dieser Rundgang mit Christine von Brühl:

Zum Vergrössern auf die Grafik klicken!
Von der Neustadt über die Augustusbrücke (1) und die Brühlsche Terrasse (2) zur Kunstakademie (3). Zwischen Kunstakademie und Albertinum die Treppe hinunter, vorbei am Coselpalais zur Frauenkirche (4). Nach einem Getränkehalt am Neumarkt (5) dem Fürstenzug (6) entlang, links durchs Georgentor, vorbei an Schloss und Taschenbergpalais zum Zwinger (7) und zum Nymphenbad (8). Weiter durch den Zwinger zum Theaterplatz, vorbei an der Semperoper (9) und der Hofkirche zurück zur Augustusbrücke (10). Die roten Zahlen beziehen sich auf die Zwischentitel im Beitrag.
Quelle des Satellitenbilds: Google Maps


6. Das grosse Fürstenpanorama



Frau Frogg ist mir sicher dankbar, dass ich darauf verzichtet habe, den ganzen Fürstenzug abzulichten und zu einem Panorama zusammenzusetzen. Immerhin: Das Wandbild ist 102 Meter lang, besteht aus rund 23'000 Fliesen und zeigt 35 Herrscher aus dem Hause Wettin — eine gigantische Ahnengalerie über fast 800 Jahre. Wer jetzt doch ein grosses Fürstenpanorama vermisst, hat in Googles Bilderbuch die Qual der Wahl.

Nachdem wir einen Blick auf und ins Dresdner Schloss geworfen haben, passieren wir das Taschenbergpalais und steigen die Treppe hoch, die auf die Flügelbauten führt, die den Zwinger umgeben.


7. Ein Königreich für Flaneure

Beim Wort Zwinger kommt mir alles Mögliche in den Sinn: Hundezwinger mit kläffenden Kampfhunden oder mittelalterliche Maueranlagen, wo Eindringlinge mit siedend heissem Pech überschüttet werden — keinesfalls aber eine grosszügige Gartenanlage, die zum Lustwandeln einlädt. Genau das war aber der Zweck des Zwingers in Dresden. Hier verlustierte sich der Hofstaat der sächsischen Kurfürsten und Könige. Geplant war der Zwinger als "Vorgarten" für ein neues Schloss, dass allerdings nie realisiert wurde. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Anlage mit der Sempergalerie gegen die Elbe hin abgeschlossen. Und heute ist sie ein Königreich für Flaneure:






Untere drei Bilder: FroggFoto.


8. Zu viel und zu wenig Wasser



Das Nymphenbad hat es mir angetan: eine prachtvolle und spektakuläre Brunnenanlage mit vielen anmutigen Nymphenfiguren. Zu einem Zeitpunkt, als Dresden wahrlich nicht an Wassermangel litt, waren die Wasserspiele leider abgestellt und die Anlage vermittelte einen eher tristen Eindruck. Deshalb hier ein Bild aus besseren Zeiten mit mehr Wasser:


Bildquelle: commons.wikimedia.org


9. Die Semperconnection

Was verbindet die Städte Dresden, Zürich und Wien?

Die Semperoper, erbaut 1871 - 1878

Sie waren der Reihe nach Wirkungsstätten des deutschen Stararchitekten Gottfried Semper (1803-1878). In Dresden realisierte er u.a. das alte und das neue Hoftheater (die heutige Semperoper), die Synagoge und die Sempergalerie, in Zürich das Polytechnikum (die heutige ETH) und die Eidgenössische Sternwarte und in Wien das Burgtheater (Grundriss) und das Kaiserforum mit diversen repräsentativen Bauten.


10. Hochwasser in Dresden

Über den Theaterplatz und an der Hofkirche vorbei gelangen wir wieder an den Ausgangspunkt unseres Dresdner Stadtbummels: die Augustusbrücke.

Wir werfen ein sorgenvollen Blick auf den Theaterkahn und das Hochwasser, ...


Unteres Bild: FroggFoto

... blicken zurück auf die in goldenes Licht getauchte Brühlsche Terrasse mit Zitronenpresse und ...



... überqueren zufrieden die Elbe.

Montag, 8. Juli 2013

Dresdner Stadtbummel, Teil I

Für diesen Stadtbummel gibt es eine Gebrauchsanleitung. Sie stammt von Christine von Brühl, die in den 1990er Jahren in Dresden gelebt hat und die Stadt und ihr Umland wie ihre Hosentasche kennt. Ihr Buch Gebrauchsanweisung für Dresden kann ich allen Besuchern und -besucherinnen von Dresden nur empfehlen — es hat mich neugierig auf diese Stadt gemacht.

Statt einer Einleitung erklärt sie den LeserInnen, was die Brühls mit Dresden zu tun haben: Die Autorin ist die Ur-ur-ur-ur-ur-Enkelin von Heinrich Graf von Brühl (1700-1763), der als Page an den Hof von August dem Starken gelangte, eine steile Karriere machte und schliesslich als Premierminister Augusts des Dritten zum einflussreichsten Mann am sächsischen Hof wurde. Sein wohl bekanntestes Vermächtnis im Stadtbild von Dresden ist die Brühlsche Terrasse. "Machen Sie einen Rundgang im Herzen der Stadt — oder nehmen Sie wenigstens ein Sonnenbad auf der Brühlschen Terrasse" heisst das erste Kapitel der Gebrauchsanleitung für Dresden — dieser Aufforderung sind wir nachgekommen. Hier die Bildergeschichte zum Stadtbummel durch Dresden:



Als Frau Punctum uns verdankenswerterweise von Meissen nach Dresden führte, war das Gebäude auf dem Bild rechts das erste Gebäude, das uns wirklich ansprang: Eine Moschee in Dresden! 1909, als Dresden noch Zentrum der Zigarettenproduktion und des Rohtabakhandels in Deutschland war, wurde die Yenidze als Zigarettenfabrik gebaut. Heute, schreibt Christine von Brühl, werden unter ihrer bunt schimmernden Kuppel Märchen aus Tausendundeiner Nacht vorgelesen.

Von Brühls Rundgang beginnt auf der Neustädter Seite der Elbe, auf den Spuren Emil Tischbein, der vor seiner abenteuerlichen Reise nach Berlin — nachzulesen in Erich Kästners Emil und die Detektive — im Blumenladen Stammnitz an der Louisenstrasse 21 Blumen für seine Tante kauft. Da trifft es sich gut, dass wir uns im Hostel Louise 20 auf der gegenüberliegenden Strassenseite einquartiert haben. Nach dem Mittagessen in der Planwirtschaft (vgl. Beitrag von Frau Frogg) machen wir uns auf die Socken und folgen den Spuren von Erich Kästner in der Dresdner Neustadt: Beim Erich-Kästner-Museum am Albertplatz sitzt eine Bronzefigur auf der Gartenmauer, darunter ein Zitat von Erich Kästner: "Am liebsten hockte ich dann auf der Gartenmauer und schaute dem Leben und Treiben auf dem Albertplatz zu."

Wie Christine von Brühl nähern wir uns Dresden von Neustädter Seite her, überqueren die Elbe auf der Augustusbrücke und machen dann auf der Altstädter Seite folgenden Rundgang:

Zum Vergrössern auf die Grafik klicken!
Von der Neustadt über die Augustusbrücke (1) und die Brühlsche Terrasse (2) zur Kunstakademie (3). Zwischen Kunstakademie und Albertinum die Treppe hinunter, vorbei am Coselpalais zur Frauenkirche (4). Nach einem Getränkehalt am Neumarkt (5) dem Fürstenzug (6) entlang, links durchs Georgentor, vorbei an Schloss und Taschenbergpalais zum Zwinger (7) und zum Nymphenbad (8). Weiter durch den Zwinger zum Theaterplatz, vorbei an der Semperoper (9) und der Hofkirche zurück zur Augustusbrücke (10). Die roten Zahlen beziehen sich auf die Zwischentitel im Beitrag.
Quelle des Satellitenbilds: Google Maps

1. Die Brücke mit dem Canaletto-Blick

Auf der Augustusbrücke sieht man Dresden mit dem Canaletto-Blick, will heissen: Mehr oder weniger so wie der venezianische Maler Bernardo Bellotto die Stadt um 1750 herum gesehen hat.


Das 1751/53 entstandene Bild von Canaletto zeigt Dresden mit Augustusbrücke. Quelle: www.zeno.org

Zum Vergrössern aufs Bild klicken! Mein 360°-Panorama von der Augustusbrücke zeigt von rechts nach links: die Carolabrücke über die Hochwasser führende Elbe, die Brühlsche Terrasse mit Kunstakademie, Sekundogenitur und Ständehaus, davor die Flotte der Sächsischen Dampfschifffahrt, dahinter die Kuppel der Frauenkirche, hinter der Augustusbrücke dann Schloss, Hofkirche und Semperoper, ferner Landtag, Erlweinspeicher und die orientalische Kuppel der Yenidze. Die nächste Brücke flussabwärts ist die Marienbrücke. Auf dem Neustädter Ufer schliesslich folgen das Hotel Westin Bellevue Dresden, der Neustädter Markt und der Turm der Dreikönigskirche. Davor glänzt am Ende der Brücke die goldene Reiterstatue von August dem Starken.


Der Canaletto-Blick auf die Brühlsche Terrasse mit Kunstakademie, Frauenkirche und Sekundogenitur

2. Für Flaneure: Die Brühlsche Terrasse

Die Brühlsche Terrasse, die auch schon als Balkon Europas bezeichnet wurde, ist auf der ehemaligen Stadtbefestigung entstanden. Hoch über der Elbe gelegen, lädt der 500 Meter lange Park zum Flanieren ein — vor allem dann, wenn das Terrassenufer noch unter Wasser steht.


Blick von der Brühlschen Terrasse auf eine Sandsackburg, die vom Kampf gegen die Hochwassermassen zeugt, und...


...auf die stillgelegte Flotte der Sächsischen Dampfschifffahrt.

3. Die Zitronenpresse der Kunstakademie


Die Glaskuppel der Kunstakademie. Die Figur auf ihrer Spitze ist die Fama, die in der römischen Mythologie interessanterweise sowohl die Gottheit des Ruhmes als auch des Gerüchts ist — offenbar wussten schon die alten Römer, dass Ruhm nur ein Gerücht oder zumindest eng mit Gerüchten verknüpft ist.

Für einmal hatte es der Volksmund nicht schwer, der Dresdner "Hall of Fame" einen prägnanten Übernamen zu verpassen — oder was würde besser passen als "Zitronenpresse"? Die Kunstakademie wurde bei der Bombardierung Dresdens am 14./15. Februar 1945 weitgehend zerstört, eigenartigerweise aber blieb die Zitronenpresse stehen.

4. Das Panorama von der Frauenkirchenkuppel

Die Bombennacht im Februar 1945, in der Zehntausende getötet wurden und der Feuersturm Dresdens Innenstadt in ein Inferno verwandelte, war ein Schock, den Dresden jahrzehntelang nicht überwinden konnte. Fürs Stadtbild am schlimmsten war die Zerstörung der Frauenkirche — ihre Ruine war während der DDR-Zeit ein Mahnmal gegen den Krieg, aber auch eine offene Wunde im Stadtbild. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die DresdnerInnen alles daran setzten, diesen markanten Bau zu rekonstruieren. 180 Millionen Euro kostete der Wiederaufbau, der 2005 abgeschlossen wurde. Von Brühl schreibt, dass in den ersten zweieinhalb Jahren der rekonstruierte Monumentalbau von fünf Millionen Menschen besucht wurde — die Frauenkirche wurde zum Symbol der Hoffnung und der Versöhnung.

Für BesucherInnen ist die Kuppel aber auch ein grossartiger Aussichtspunkt:

Zum Vergrössern aufs Bild klicken! Der Rundumblick beginnt im Osten: Rechts der Hügel an der Elbe sieht man bis in die sächsische Schweiz, im Mittelgund: der Grosse Stadtgarten mit dem Stadion von Dynamo Dresden. Im Süden: Rathaus, Kreuzkirche, Alt- und Neumarkt. Im Westen: Dresdner Schloss, Hofkirche, Semperoper etc. sowie das Elbtal Richtung Meissen. Im Norden schliesslich: die Brühlsche Terrasse, die Hochwasser-Elbe und die Dresdner Neustadt.

Die grösste Kuppel auf der Alpennordseite war und ist wieder ein imposantes Bauwerk:



Die Kuppel der Frauenkirche

5. Auch in Dresden gibt's Schanigärten



Was in Wien Schanigarten heisst und Gartenbeiz in der Deutschschweiz, gibt's zum Glück auch in Dresden — nach dem Aufstieg auf die Kuppel der Frauenkirche hatten wir uns den Getränkehalt im Biergarten redlich verdient.

Fortsetzung folgt...