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Montag, 12. August 2013

Děčín — Stadt der zwei Geschwindigkeiten

Am Tag 7 in der Sächsischen Schweiz fahren wir über die nahe tschechische Grenze in die Böhmische Schweiz (České Švýcarsko) und besuchen Děčín. Die Stadt an der Labe — wie die Elbe hier heisst — begrüsst uns mit träger Apathie und zehrt von verblichenem Glanz.

Entlang der Elbe / Labe
Der grenzüberschreitende Regionalzug bringt uns in einer halben Stunde ins tschechische Děčín. Die landschaftliche schöne Bahnstrecke führt dem Fluss entlang durchs dünn besiedelte Elbsandsteingebirge, dann öffnet sich das Tal zu einem weiten Kessel mit der Industrie- und Verwaltungsstadt Děčín im Zentrum. Schon die Fahrt auf der "scenic route" ist ein Erlebnis:

Bad Schandau mit Hotelkästen und Toscana-Therme

Güterzug bei den Schrammsteinen

Flusskreuzfahrt wegen Hochwasser abgesagt

Auch an der Labe verbinden Fähren die beiden Ufer


Děčín hat nicht auf uns gewartet
Das nordböhmische Städtchen ist ganz und gar nicht auf Touristen eingestellt: Am Bahnhof haben wir erhebliche Schwierigkeiten uns zurechtzufinden, weil weit und breit kein Stadtplan zu finden ist, weil nur wenige deutsch oder englisch sprechen und weil trotz Grenznähe tschechische Kronen das einzige Zahlungsmittel sind. In Der eiserne Vorhang beschreibt Frau Frogg unser Gefühl der Unwillkommenheit bei unserer Ankunft.

Vermutlich ist diese träge Apathie, mit der uns die Stadt empfängt, Ausdruck der wirtschaftlichen Depression, unter der Tschechien und insbesondere die nordböhmische Region Ústecký leidet. Während 2005 gemäss Wikipedia der Durchschnittslohn in der Region Ústecký nur etwa 90% des Landesdurchschnitts betrug, war die Arbeitslosigkeit mit 15.41% weit höher als in den 13 anderen Regionen und fast doppelt so hoch als der Landesdurchschnitt von 8.88%. Děčín ist als Zentrum in einer strukturschwachen Region definitiv keine boomende Stadt, deshalb verwundert nicht, dass auch das Bahnhofsquartier mit stark reduzierter Geschwindigkeit unterwegs ist.

Das Schloss — Sehenswürdigkeit Nr. 1 von Děčín

Die Brücke über die Labe (Elbe) verbindet die Stadtteile Podmokly (Bodenbach) und Děčín (Tetschen), die bis 1942 eigenständige Städte waren. Unterhalb dieser Brücke wird bei Niedrigwasser der Hungerstein sichtbar. Die Inschrift "Wenn du mich siehst, dann weine" verweist darauf, dass auch zu wenig Wasser ein Problem ist.

Auch diese Häuserzeile am Fuss der Schäferwand war vom Hochwasser betroffen — darüber das "Château Gütsch" von Děčín, ein Ausflugsrestaurant in Form einer romantischen Burg.

Das Rathaus von Děčín


Děčíns verblichener Glanz
Das Schloss mit seinen repräsentativen Räumen zeugt von Děčíns glanzvoller Vergangenheit — die Erinnerung an bessere Zeiten hilft, die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu cachieren und zu verdrängen. Frau Frogg schildert hier ihre Eindrücke von unserem Besuch im Schloss von Děčín.

Schon der Aufgang zum Schloss ist grossartig inszeniert. Bild: fotofrogg

Der Zugang zum Schloss erfolgt über diesen Graben.

Hinter dem Eingangstor öffnet sich dieser grosszügige Schlosshof.

Die elegant eingerichteten Räume in diesem Gebäudeflügel sind nur mit einer Führung zu besichtigen, aber mit der deutschen Übersetzung auf dem Audioguide lohnt es sich. Bild: fotofrogg

Die Aussicht aus den Fenstern des Eckzimmers im Schlossturm reicht vom Schlosspark über Podmokly (Bodenbach) und die Schäferwand bis zur Elbbrücke von Děčín — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


I Never Promised You A Rose Garden
Der Rosengarten ist eine Überraschung für uns beide, aber der Hauptgrund, weshalb wir von diesem Rosengarten so angetan sind, ist seine reizvolle architektonische Anlage: Der Lustgarten zwischen der Mauer des Aufgangs zum Schloss und der Mauer über dem Schlossfelsen ist eine Terrasse über der Stadt. Am hinteren Ende des Rosengartens führt eine Treppenanlage zu einer Gloriette, eine Art Schmuckpavillon, von der man eine grossartige Aussicht über die Stadt und ganzen Talkessel von Děčín geniesst:


Der Rosengarten ist eine Aussichtsterrasse über der Stadt.


Der Rosengarten mit Gloriette — ist am schönsten, wenn die Rosen blühen... (Bild: fotofrogg)


Die reizvolle Anlage des Rosengartens — im Hintergrund das Děčíner Schloss und das Ausflugsrestaurant auf der Schäferwand


Die Gloriette von unten und eine von vielen Rosen

Die Aussicht von der Gloriette des Rosengartens reicht von der Altstadt von Děčín, dahinter das Elbtal, über den Aufgang zum Schloss, den ganzen Talkessel bis zum Rosengarten (im Bogen der Gloriette) — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


Kamera mit Sonnenbrand
Das Mittagessen — böhmische Knödel mit Gulasch — ist wenig überzeugend, das Bier hingegen schon: Gegen das Original-Budweiser ist das amerikanische Nachahmerprodukt eine wässrige Brühe.


Meine Kamera schält sich schon...


Zwei Geschwindigkeiten
Auch auf dem Weg zurück zum Bahnhof hinterlässt die Stadt der zwei Geschwindigkeiten einen zwiespältigen Eindruck: Das touristische Děčín ist fast mit normaler Geschwindigkeit unterwegs, während das gewöhnliche Děčín durch die wirtschaftliche Depression deutlich gebremst ist.


Am Hauptplatz hat sich Děčín herausgeputzt: Der Platz wirkt gepflegt und die Fassaden sind renoviert.


Diese bunte Fassade stammt aus einer ganz anderen Zeit und wirkt auf den ersten Blick nur etwas ausgebleicht, beim genaueren Hinsehen jedoch sieht man erste Spuren der Vernachlässigung aus Geldmangel: Die Leuchtreklame wurde nicht mehr erneuert und das improvisierte Dächli über dem Bankomaten hat ein Loch...


Die Liebesschlösser am Brückengeländer wiederum zeugen von Optimismus für die Zukunft.


Diese repräsentative Gebäudefront mit renovationsbedürftiger Fassade und dieses schöne Schokoladengeschäft zeugen von Děčíns verblichenem Glanz und dem Bemühen, den Courant normal aufrechtzuerhalten.


Unser Ausflug in die Böhmische Schweiz hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Děčíns touristische Attraktionen werden gepflegt, so gut es geht, während der Rest der Stadt unter dem Geldmangel leidet und leicht depressiv oder zumindest melancholisch wirkt.

Dienstag, 6. August 2013

Der veränderte Blick

Letzten Sonntag haben wir im Zürcher Museum für Gestaltung zwei sehenswerte Fotoausstellungen angeschaut: "Souvenir" des britischen Fotografen Martin Parr, der gerne und humorvoll Klischees aufgreift und serienweise ablichtet, und "Doppelleben" des Schweizer Magnum-Fotografen René Burri, der als dokumentierender Fotograf die Welt in Schwarz-Weiss festgehalten und nebenbei als Autorenfotograf ein künstlerisches Werk in Farbe geschaffen hat.

Nach stundenlangem Betrachten von Fotos kehrt man — wie Frau Frogg hier beschreibt — mit geschultem Auge in die Aussenwelt zurück. Nach dem Austritt aus den Ausstellungsräumen habe auch ich die Welt mit verändertem Blick gesehen:







Der Klassiker unter den Steinen

Am Tag 6 in der Sächsischen Schweiz bezwingen wir den Lilienstein auf der Südroute und finden die Überreste der Sächsischen Dampfschifffahrt. In den Nebenrollen: Jo Schmilka, der erfolgreiche Turmspringer der DDR, und ein tschechischer Gas-Tank auf der Flucht.

Königstein hat ein Problem
Von all den Ferienorten in der Sächsischen Schweiz ist das verkehrsgünstig an der Einmündung der Biela gelegene Königstein am besten mit öV erschlossen und eignet sich deshalb als Ausgangspunkt für Wanderungen und Ausflüge. Das ist auch der Grund, wieso wir ursprünglich in Königstein Ferien machen wollten — bis das Hagelunwetter vom 9. Juli unsere Ferienwohnung unbewohnbar machte. Tatsächlich sind wir immer wieder in Königstein ein-, aus- oder umgestiegen. Auch jetzt ist Königstein Ausgangspunkt unserer Wanderung auf den Lilienstein.

Bevor wir jedoch ans andere Elbufer übersetzen, kommen wir nicht umhin, das Wahrzeichen von Königstein Downtown zu besichtigen, den mächtigen Bahndamm entlang der Elbe. Er dominiert das Dorfbild und trennt das an sich schöne Dorf vom Fluss: Königstein liegt zwar an der Elbe, hat aber trotz zahlreichen Dammdurchbrüchen nicht wirklich Zugang zum Fluss — es bleibt hinter dem Damm. Nicht einmal bei Hochwasser ist der Damm ein Segen, denn er kann Königstein nicht vor den Wassermassen schützen.

Der Bahndamm, der Königstein vom Fluss trennt

Die Biela fliesst durch ein Seitental und mündet bei Königstein in die Elbe

Für die Schwalben ist der Bahndamm ein idealer Nistplatz

Blick von der Fähre aufs "Wahrzeichen" von Königstein


Lilienstein — Südroute

Die Ebenheit — eine faszinierende Ebene über dem Elbtal

Da der Lilienstein ein Tafelberg ist (rechtselbisch sogar der einzige), erfolgt der von Frau Frogg beschriebene Aufstieg in zwei Stufen:

1) Vom Elbufer auf einem breiten, aber steilen Weg auf die Ebenheit, die Ebene über dem Elbtal (obiges Bild) und

2) von der Ebenheit über Treppen und Leitern auf den Lilienstein (nebenstehendes Bild ist furchterregender als die Realität).

Der Aussichtspunkt am westlichen Ende des Liliensteins

Die Ebenheit, wo 1756 die Sächsische Armee sich den Preussen ergeben musste, dahinter der Königstein, von wo der Kurfürst tatenlos zusehen musste.


Zwei verschiedene Aussichten
Vom westlichen Ende des Liliensteins hat man eine ganz andere Aussicht als vom östlichen:

Das 360°-Panorama vom westlichen Ende zeigt das Elbtal, das in einer gigantischen S-Kurve den Lilienstein umkurvt und Richtung Westen entschwindet — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Auch das 180°-Panorama vom östlichen Ende zeigt das Elbtal Richtung Südosten: Die Elbe kommt vom Hintergrund, passiert die Brücken von Bad Schandau, umkurvt den Lilienstein und verschwindet zwischen Ebenheit und Königstein — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


Ein Gas-Tank aus Tschechien
Nach dem erst steilen, dann gemächlichen Abstieg vom Lilienstein gelangen wir bei Prossen wieder ans Elbufer:


Der Blick zurück vom Elbufer bei Prossen


Von der Anlegestelle Prossen ist nur noch die Tafel mit den Fahrplänen da, von der Sächsischen Dampfschifffahrt fehlt jede Spur — im Hintergrund die Einfahrt in den Winterhafen von Prossen


Von drei Gas-Tänken, die im tschechischen Děčín vom Elbehochwasser weggespült wurden und den Fluss abwärts trieben, konnte einer bei Prossen angelandet und im Winterhafen vertäut werden.


Jo Schmilka

An diesem strahlend schönen Tag machen wir im Schatten dieser Kranbahn am Winterhafen von Prossen einen kurzen Halt. Da kommt mir die Geschichte von Jo Schmilka in den Sinn, dem erfolgreichen Turmspringer der DDR, dem hier sein erster Dreifachsalto mit doppelter Schraube gelang, eine Geschichte, die mir — es ist drückend heiss und ich bin von der Hitze schon ein bisschen beduselt — durch den Kopf schwirrt und natürlich kein bisschen wahr ist...


Hochwasserschutzhafen
Seit Tagen versuche ich herauszufinden, wann die Sächsische Dampfschifffahrt ihren Betrieb wieder aufnimmt, weil ich vor dem Ende der Ferien unbedingt noch eine Flussfahrt mit dem Schaufelraddampfer machen will. Aber in der Zeitung heisst es lapidar, dass die Elbe für die Schifffahrt noch nicht freigegeben ist. Ich bin aber guten Mutes und sage zu Frau Frogg: "Du wirst schon sehen und die Sächsische Dampfschifffahrt erleben!"

Im Hafen von Prossen bekommt meine Zuversicht einen Dämpfer, denn in einer "Sackgasse" parallel zur Elbe, die im Winter den Schiffen Schutz bietet vor dem Eis, das den Fluss hinuntertreibt, finden wir die Reste der Sächsischen Dampfschifffahrt: Ein Teil der Dampfschiffe, Motorschiffe und Anlegepontons sind hier vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht worden — der Winterhafen ist auch ein Hochwasserschutzhafen.




Im Winterhafen von Prossen ist schätzungsweise ein Drittel der "Weissen Flotte" vertäut: Nach dem Hochwasser warten Schlepper, Raddampfer, Motorschiffe und Anlegepontons auf bessere Tage — auch der Kulturflaneur hofft auf eine rasche Normalisierung und eine baldige Wiederaufnahme der Schifffahrt...


Arche Noah im Schrebergarten
Etwas weiter treffen wir in einem Schrebergarten auf ein Gartenhäuschen, das mit dem Hochwasser abhauen wollte — doch sein Fluchtversuch war bei weitem nicht so erfolgreich wie die Flucht des tschechischen Gas-Tank-Trios: Nach einem Meter war die grosse Fahrt der Gartenarche schon wieder zu Ende:

Vom Hochwasser verwüstet: der Schrebergarten von Rathmannsdorf


Fazit: Ein strahlend schöner, aber brütend heisser Tag mit tollen Aussichten vom Klassiker der Steine und einigen Erkenntnissen bezüglich tschechischer Gas-Tanks und Sächsischer Dampfschifffahrt.

Freitag, 2. August 2013

Das lange Warten auf den Blitz

Vor einer Woche ist der Konzept- und Landart-Künstler Walter de Maria 77-jährig gestorben. Mit seinem Lightning Field in der Wüste von New Mexico machte er weltweit Furore. Das 1977 entstandene Land-Art-Werk besteht aus 400 Stahlpfählen, die in einem 1 Meile x 1 Kilometer grossen, rechteckigen Raster angeordnet sind. Schon damals beflügelte es auch meine Fantasie: Ich stellte mir vor, wie in der Gewittersaison Abend für Abend die Blitze magisch angezogen im Lightning Field einschlagen und von Pfahl zu Pfahl hüpfen — jetzt stellt sich heraus: Diese Blitze sind nur im Kopf, aber nicht nur in meinem.

Auf dem Internet suchte ich nach dem Bild, das ich über dreissig Jahre in meinem Kopf hatte, und fand immer nur die gleichen zwei, drei Blitze, die in der Umgebung einschlagen, aber keinen, der direkt in eine Stahlstange von de Maria einschlägt, was nicht weiter verwunderlich ist: Denn während Titel und Form des Werks suggerieren, dass Lightning Field ein häufiges Ziel von Blitzschlägen ist, sind sie eigentlich ziemlich selten. Todd Gibson schreibt 2004 in A Pilgrimage to The Lightning Field:

(...) "Wie der Titel schon sagt, soll die Arbeit die Atmosphäre einbeziehen, indem sie Blitze vom Himmel anzieht und so einen Austausch zwischen Natur und Kultur schafft. Aber es funktioniert nicht wirklich auf diese Weise. Wenn Sie erwarten, Blitze ins Feld einschlagen zu sehen, werden Sie enttäuscht sein. Wenn ein Blitz einschlägt, ist der Pfahl so gezeichnet, dass er ersetzt werden muss, was nur alle paar Jahre mal passiert. Als ich Lightning Field besuchte, gab es keine Blitze, dennoch war es keine enttäuschende Erfahrung."

Die Dia Art Foundation, die als Nonprofit-Organisatione das Werk betreut und den Besuch von Lightning Field streng reglementiert, verbietet das Fotografieren. Aber Walter de Maria hat seine Lightning Field-Fotos in einem Flickr-Album ins Netz gestellt:

Lightning Field — Album von Walter de Maria auf Flickr

Und BesucherInnen, die im Blockhaus beim Lightning Field übernachten, machen Videos. Hier eines mit Musik:

Lightning Field from Andrew MacLachlan on Vimeo.

Auch ohne Blitze ist das formal strenge Werk von Walter de Maria voller Poesie, die nur in der Einsamkeit der Wüste von New Mexico wahrgenommen werden kann — deshalb sind nur 6 BesucherInnen pro Tag zugelassen, die eine aufwändige Anreise auf sich nehmen und beim Lightning Field übernachten müssen: "Lightning Field — a peaceful piece of art", sagen BesucherInnen, die das Werk gesehen haben. In seinem Eintrag über das Lightning Field, den er mit drei von der Stiftung zur Verfügung gestellten Bildern illustriert, schreibt George auf seinem Blog Art Appreciation 101:

(...) "Mit nahm ich eine neue Wertschätzung für De Marias Geschick, durch die Kombination natürlicher Umgebung mit einer hochqualifizierten und phantasievollen Intervention eine besondere Erfahrung zu kreieren."

Mit dem Wissen, dass Lightning Field in einer blitzarmen Gegend realisiert wurde, wird für mich diese Land Art auch zur Conceptual Art, zur Kunst, die im Kopf stattfindet: Mit Titel und Form seiner Arbeit fördert de Maria die Vorstellung, dass Blitze von seinem "überdimensionalen Nagelbett" angezogen werden, und lässt so in den Köpfen Blitzbilder entstehen, die mit der blitzarmen Realität wenig zu tun haben — und deshalb auf dem Internet auch nicht zu finden sind. Da können wir noch lange auf den Blitz warten, er ist im Kopf.

Donnerstag, 1. August 2013

Ikone der sächsischen Schweiz

Am Tag 5 steigen wir vom Kurort Rathen auf die Ikone der Sächsischen Schweiz: die Bastei. Diese Mischung aus Felsenarena und Kunstwelt fasziniert nicht nur uns — sie ist eine 1a-Touristenattraktion.

Der Basteiblick vom gegenüberliegenden Elbufer verrät noch nicht, was die Attraktion dieser Felsen ausmacht.

Die Fähre verbindet die S-Bahn-Station mit dem Kurort Rathen — darüber thront die Burg Altrathen.

Der Ausblick von der Burg Altrathen aufs gegenüberliegende Elbufer — im Hintergrund ist Frau Froggs Ikone der Sächsischen Schweiz zu sehen: der Lilienstein.


Atemberaubender Ausblick
Wir nähern uns den Basteifelsen und erreichen einen zweiten Aussichtspunkt, der sich rund 200 Meter über der Elbe befindet. Von hier geht es fast senkrecht zum Fluss runter — der Ausblick ist deshalb atemberaubend:

Der Blick flussaufwärts: Das Elbtal mit dem Kurort Rathen.

Der Blick flussabwärts:
Bei der nächsten Flussbiegung liegt die Stadt Wehlen, unser Tagesziel.























Mitten in der Felsenarena
Dann besichtigen wir die Felsenburg Neurathen, die so geschickt in die Felsen bebaut ist, dass es kaum zusätzliche Befestigungen brauchte. Dahinter tut sich plötzlich eine ganz eigene Welt auf: eine faszinierende Felsenarena mit Dutzenden von Steinen, die alle Namen tragen, wie Gansfelsen, Storchennest, Bienenkorb, Lokomotive oder verlorener Turm.




Auf der Panoramatafel sind die Steine alle benannt, man muss sie nur noch finden...

Die Felsenarena von der Basteibrücke — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


Ikone einer ganzen Region
Die eigentliche Ikone der Sächsischen Schweiz ist aber keiner dieser Steine und Felstürme, sondern eine 1851 erbaute Sandsteinbrücke, die eine 40 Meter tief eingeschnittene Scharte überbrückt und die Bastei touristisch erschliesst: die Basteibrücke.




Ich habe mir die Mühe gemacht, die ersten 100 Bilder, die auf Google-Bildersuche mit dem Stichwort "Sächsische Schweiz" gefunden werden, auszuwerten: 23 zeigen die Basteibrücke, 40 Landschaften mit verschiedensten Felsen, Klettersteigen, Wasserläufen etc. und 13 das Elbtal. 19 Bilder sind Karten vornehmlich der Sächsischen Schweiz. Übrig bleiben 5 Bilder, die unter die Kategorie Diverses fallen. Die Basteibrücke ist also das dominierende Sujet auf fast einem Viertel der Bilder — sie steht für eine ganze Region. Als Ikone hat sie es sogar auf den Desktop von Windows 7 geschafft:


Das Bild von Jens Zschekel ist eines von 14 Desktopbildern, die zum Design Deutsche Landschaften gehören: Die Bastei ist also eine von Windows geadelte Landschaft.


Feines Mittagessen mit Aussicht
Nach dem schweisstreibenden Aufstieg und der ausgiebigen Würdigung genehmigen wir uns ein feines Mittagessen auf der Sommerterrasse des Berghotels Bastei:

Das sommerliche Gericht mit den Fischklösschen schmeckt ausgezeichnet.


Schmuckes Städtchen
Danach wandern wir nach Wehlen — ein gemächlicher Abstieg durch einen eher langweiligen Wald. Erst als wir die ersten Häuser von Wehlen erreichen, wird es wieder interessant: Von der Burg über der Stadt geniesst man einen schönen Blick auf die Elbe und das Städtchen am Fluss:

Die Stadt Wehlen ist eigentlich eher ein Dorf — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Auch in Wehlen sind die Aufräumarbeiten nach dem verheerenden Hochwasser noch voll im Gang. Aber inzwischen ist es schon fast unerträglich heiss und wir müssen vor einer Stadtbesichtigung zuerst den Durst löschen und ein Eis essen.


Durst löschen am Markt, wo noch vor kurzem das Wasser meterhoch stand

Was uns an den Gastronomiebetrieben am Markt auffällt, ist der unterschiedliche Umgang mit den Hochwasserschäden: Während die einen mit einer Parforce-Leistung schon sämtliche Spuren des Hochwassers beseitigt haben und sich auf der Menukarte bei den HelferInnen bedanken, bewirten andere ihre Gäste in improvisierten Strassencafés und streben mit Hochdruck die Rückkehr zur Normalität an und bei Dritten tut sich gar nichts: wegen Hochwasser geschlossen! Vermutlich brauchen sie mehr Zeit, sich vom Schock zu erholen und sich zum dritten Mal innert elf Jahren aufzuraffen, den Dreck zu beseitigen.


Warten auf die Fähre, die uns zur S-Bahn-Station übersetzt, und der Blick zurück auf das Städtchen Wehlen, das sich vom Dreck befreit

Fazit: Die Ikone der Sächsischen Schweiz muss man gesehen haben. Und: Die Stadt Wehlen ist schon bald wieder so herausgeputzt wie zuvor.


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A propos Schweizen in aller Welt

Zum heutigen Nationalfeiertag hat die NZZ eine interaktive Karte mit den Schweizen in aller Welt ins Netz gestellt — anscheinend hatten wir die Nase voll im Wind:


Um auf die interaktive Karte der NZZ zu gelangen auf obigen Screenshot klicken! Danke für den Hinweis, lieber Trox.

Samstag, 27. Juli 2013

Ausflug in die Vergangenheit

Am Tag 4 in der Sächsischen Schweiz wandern wir nur wenig und beschäftigen uns dafür um so intensiver mit sächsischer Geschichte: Wir besichtigen die Festung Königstein und bewegen uns dabei auf Napoleons Spuren.

Die Fähre verbindet Bad Schandau auf angenehme Weise mit dem Bahnhof.

Unterwegs mit Fähre und S-Bahn

Obwohl der S-Bahn-Verkehr zwischen Pirna und Schöna immer noch beeinträchtigt ist, ist es eigentlich einfach, mit dem öV zu den Ausgangs- und Endpunkten von Wanderungen zu gelangen. Dank Verkehrsverbund Oberelbe gilt z.B. das Fährticket auch im Bus oder in der S-Bahn nach Königstein. Am Ausgangspunkt unserer Rundwanderung auf die Festung Königstein sind die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser noch voll im Gang und wir nehmen den knapp stündigen Aufstieg unter die Füsse.


Im Reduit der Sächsischen Schweiz

Die mittelalterliche Burg auf dem Königstein wurde im Laufe der Jahrhunderte zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut — heute ist sie ein einzigartiger Zeuge europäischer Festungsbaukunst.

Geschichtslektion 1:
Wie die Schweiz hatte auch die sächsische Schweiz ein Reduit, ein leicht zu verteidigendes Rückzugsgebiet, das als schwer einnehmbar galt. Zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs (1756 - 1763) wurde die sächsische Armee allseits von den Preussen bedrängt. Darauf hin zog sich Kurfürst Friedrich August II. (1696 - 1763) mit seiner Armee ins sächsische Reduit um die Festung Königstein zurück. Den Preussen gelang es aber ins "uneinnehmbare" Reduit einzudringen. In Bedrängnis und in der Hoffnung auf Hilfe der Österreicher überquerten die Sachsen mit einer Pontonbrücke die Elbe, mussten aber all ihr schweres Material zurücklassen. Doch diese logistische Parforce-Leistung half nichts: Hungrig und vom Regen durchnässt wurde die ganze Sächsische Armee auf der Ebenheit am Fuss des Liliensteins gefangen genommen — der in der Festung Königstein zurück gebliebene Kurfürst musste tatenlos von oben zusehen. Mit dieser Niederlage ging eine glanzvolle Ära zu Ende und Sachsen in den finanziellen Ruin.

So sah der Kurfürst das Debakel: Der Blick von der Festung auf den Ort Königstein, die Elbe, die Ebenheit, wo 1756 die Sächsische Armee sich den Preussen ergeben musste, und den Lilienstein.

Eine für die Sächsische Schweiz typische Landschaft mit Fluss, Ebene und Inselbergen: die Elbschlaufe von Königstein mit Ebenheit und Lilienstein — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


Kühler Drink und überraschende Blumen




Grössenwahnsinniges Weinfass

Geschichtslektion 2:
Auf einer solch gigantischen Festung braucht es eine entsprechende Infrastruktur: ein Brunnenhaus mit einem über 150 Meter tiefen Sodbrunnen, ein raffiniert gebautes Schatzhaus für den Sächsischen Staatsschatz, einen riesigen Keller für die Lagerung von Vorräten etc. etc. — ob es allerdings Sinn machte, ein 238'000-Liter-Weinfass bauen zu lassen, wie es 1725 August der Starke tat, nur um den Kurfürsten von der Pfalz im Wettstreit um den Bau des grössten Weinfasses zu besiegen, darf bezweifelt werden...



Von oben nach unten: Die Winde des Sodbrunnens wird schon länger mit einem Motor betrieben. — Diesen Sodbrunnen über 150 Meter abzuteufen, war eine Meisterleistung. — In diesem kühlen Lager stand bis 1818 das Mega-Weinfass. — Zeitgenössische Darstellung des gigantomanischen Weinfasses. Bildquelle: www.festung-koenigstein.de


Auf Napoleons Spuren

Fast genau vor 200 Jahren betrat durch dieses Tor auch Napoleon die Festung.

Geschichtslektion 3:
Napoleon Bonaparte besuchte die Festung Königstein am 20. Juni 1813. Er inspizierte die Verteidigungsanlage, die ihm zu dieser Zeit unterstand. Als er den gewaltigen Felsen sah, wollte er schon umkehren, weil er den Aufstieg scheute. Mit dem Argument, man könne von oben das Debakel der Sächsischen Armee im Siebenjährigen Krieg (siehe oben) nachvollziehen, konnten seine Begleiter ihn schliesslich überzeugen, doch noch zur Festung hochzusteigen (vgl. blog.festung-koenigstein.de). Die Sonderausstellung zum 200-jährigen Jubiläum des Napoleonbesuchs mit dem Titel Sachsen und Napoleon - ein Pakt mit dem Teufel? zeigt sehr schön, wie fatal diese Zwangsliaison für Sachsen war (noch bis 3. November 2013).


Zurück mit S-Bahn und Fähre

Von der Festung geht es auf einer anderen Route wieder runter in den Ort Königstein, von wo wir mit S-Bahn und Fähre nach Bad Schandau zurückfahren.



S-Bahn-Station Königstein und Bad Schandau von der Fähre

Fazit: Eine faszinierende Festung mit toller Aussicht und einigen interessanten Einsichten in die Weltgeschichte.

Freitag, 26. Juli 2013

Thank god, it's friday!

Die Freunde und Freundinnen der gepflegten Bildbetextung werden gegen Ende der Woche ganz kribbelig, denn immer wieder freitags wird der friedliche Textwettstreit aufs Neue gestartet. Gut, dass heute Freitag ist und das Warten ein Ende hat. Gekämpft wird mit Worten — um die beste Legende, die tollste Geschichte, den coolsten Spruch oder die träfste Punchline.

Gerne würde auch ich mithirnen und über einem Bild brüten, mich bildlich zu schrägen Assoziationen verleiten lassen oder still in der Ecke sitzen und auf den Geistesblitz warten. Aber diesmal ist es an mir, ein Bild zur Betextung zu präsentieren, denn es ist mir auf dem Skizzenblog von Claus Ast wieder einmal gelungen, den Freitagstexter zu gewinnen — und erst noch einen gezeichneten! Vielen Dank für den Pokal, der bereits in meiner virtuellen Vitrine steht — ich freue mich, den Freitagstexter dieser Woche auszurichten.



Bei dieser hochsommerlichen Hitze, dachte ich mir, braucht es ein cooles Bild. Und hier ist es:

Zum Vergrössern aufs Bild klicken! Bildquelle: www.webdesignerdepot.com

Wie's funktioniert, ist hinlänglich bekannt: Alle Kommentare, die hier bis Dienstag, 30. Juli 2013, um 23:59 Uhr eingehen, werden der Jury vorgelegt — und die Jury bin diesmal ich. Am Mittwoch gibt die Jury bekannt, wer den Wanderpokal gewinnt und den nächsten Freitagstexter ausrichten darf. Ich freue mich schon auf Eure Kommentare!

Mittwoch, 24. Juli 2013

4 Seen, 3 Bähnli, 2 Steithähne, 1 Käse

In diesem Eintrag geht es für einmal nicht um das Wanderparadies an der Elbe, sondern um eine Wanderautobahn in der richtigen Schweiz, um zwei Streithähne, die um eine Alp und den "richtigen" Tourismus streiten, und einen richtig harten Käse, der schon immer nach Italien exportiert wurde.

Am letzten Sonntag hatten wir die glorreiche Idee, die 4-Seen-Wanderung zu machen, die von der SBB als Klassiker unter den Höhenwanderungen in der Zentralschweiz zum Schnäppchenpreis angeboten wird. Natürlich waren wir nicht die einzigen, die an diesem schönen und heissen Tag in die Höhe wollten. Hier die 4-Seen-Wanderung im Überblick:


Zum Vergrössern auf die Karte klicken! Anreise mit der Zentralbahn nach Engelberg, mit den Titlisbahnen zum See 1, dem Trübsee, und mit der Sesselbahn auf den Jochpass (2207 m.ü.M.). Dann spektakuläre Wanderung vorbei an See 2, dem Engstlensee, zur Engstlenalp (1834 m.ü.M.), auf einem Felsenweg hoch zur Tannalp (1974 m.ü.M.) und von da entlang von See 3, dem Tannensee, gemütlich runter zu See 4, dem Melchsee. Rückreise mit dem Panoramalift auf die Frutt und mit der Gondelbahn runter zur Stöckalp, mit dem Postauto nach Sarnen und der Zentralbahn nach Luzern. Die roten Zahlen auf der Karte beziehen sich auf die Zwischentitel im Text.


1. Mit Bähnli eins zum See eins


Bähnli 1: Blick von der Bergstation der Gondelbahn Engelberg - Gerschni - Trübsee zurück ins Engelberger Tal

Bähnli eins ist zugleich auch Sektion eins der Titlisbahnen. Das heisst: Zirka 20 Minuten anstehen zusammen mit all den Touristen, die auf den Titlis wollen. Darunter sind viele Inder, die den Berg aus den Bollywood-Filmen kennen. Frau Froggs Kommentar zum Berg der indischen Träume: Ich hasse Bergspitzen.


2. Böötlifahren auf dem Trübsee


See 1: Der Trübsee ist auch für sich allein ein lohnendes Ausflugsziel.

Von der Station Trübsee ist es nicht weit zum Trübsee, einem idyllischen Bergsee mit Selbstbedienungsruderbootvermietung: Man leiht sich am Steg eines der vier oder fünf Ruderboote, rudert auf dem See herum, solange man Lust hat, und wirft nach der Böötlifahrt zehn Franken pro Stunde in die Kasse am Steg — erstaunlich, dass dieses System funktioniert. Aber wir hatten leider keine Zeit zum Böötlifahren, sondern wollten so rasch wie möglich auf den Jochpass.


3. Saharastaub auf Schneefeldern


Bähnli 2: Sesselbahn vom Trübsee zum Jochpass

Mit der Sesselbahn überwanden wir locker die letzten 400 Höhenmeter zum Jochpass, der das Engelberger Tal mit dem Haslital verbindet. Die Schneefelder, über die wir hinweg fuhren, waren stellenweise rötlich gefärbt — vom Saharastaub, der vom Wind aus Afrika her verfrachtet wurde. Beim Skifahren ist dieser rötliche Staub lästig: Er bremst die Fahrt beträchtlich...


4. Auf der historischen Sbrinz-Route


Die Sesselbahn vom Jochpass zum Engstlensee ist Teil der Infrastruktur des Skigebiets Engelberg-Titlis, das mit den Nachbargebieten Melchsee-Frutt und Meiringen-Hasliberg zu einem gigantischen Skizirkus zusammengeschlossen werden sollen.

Auf dem ersten Abschnitt unserer Wanderung folgten wir der Sbrinz-Route, die auf historischen Saumpfaden von Luzern nach Domodossola führt (Zum Vergrössern auf nebenstehende Karte klicken!). Diese Route diente schon im 14. Jahrhundert dem Salzhandel und ab etwa 1500 transportierten die Säumer auch den Sbrinz nach Italien. Dieser extraharte Käse, der in der Innerschweiz hergestellt wird, war und ist in Italien überaus beliebt. Die ViaSbrinz ist eine von zwölf nationalen Kulturwegrouten, die als Projekt von ViaStoria die Tourismuslandschaft Schweiz auf historischen Wegen erschliessen und den naturnahen Tourismus fördern.


Der Sbrinz aus unserem Kühlschrank — die Säumer transportierten den extraharte Exportkäse allerdings in Form von 15 kg schweren Käselaiben, vgl. Sbrinz-Käse als Transport- und Handelsgut.


5. Der Engstlensee — ein Naturidyll


See 2: Der Engstlensee ist ein Naturschutzgebiet und Anglerparadies. Oben: Rechts hinter dem See ist das Hotel Engstlenalp und dahinter die Fortsetzung des Wegs auf die Tannalp und die Frutt zu erkennen. Unten: Der Blick zurück Richtung Jochpass.

Die Alpenflora ist eine Pracht — hier eine Auswahl von wunderschönen Alpenblumen am Wegrand:


6. Nostalgie auf der Engstlenalp


Das historische Hotel Engstlenalp, 1892 erbaut und in den 1990er Jahren erweitert, wird seit 4 Generationen von der Familie Immer geführt: Gesamtansicht, Speisesaal und Terrasse mit Ausblick auf die Viertausender des Berner Oberlands.

Das Hotel auf der Engstlenalp weckt Erinnerungen: Vor bald 20 Jahren habe ich hier zweimal übernachtet — einmal auf einer Wanderung vom Jochpass über die Tannalp bis auf Planplatten (eine Variante der aktuellen Route) und einmal als Etappenort einer Weitwanderung von Montreux nach Altdorf. Deshalb war für mich klar, wo wir fürs Mittagessen einkehren würden: auf der Terrasse des Hotel Engstlenalp.

Seither hat sich einiges verändert: Die Älpler auf der Engstlenalp käsen nicht mehr selber, sondern bringen seit 2002 ihre Milch in die neue Schaukäserei — eine an sich gute Einrichtung, wenn nur ihr Bau nicht eine halbe Million teurer geworden wäre als geplant. Und Familie Immer hat Konkurrenz bekommen: Der Interlakner Garagist Wenger betreibt die Rossbodenhütte mit einer ganz anderen Philosophie — er setzt mehr auf erlebnisorientierte Event-Gastronomie. Seit Wenger die Erlaubnis hat, im Winter die Gäste mit dem Schneetöff von der Talstation des Jochpass-Sessellifts abzuholen, ist der Streit um die richtige Tourismusstrategie für die Engstlenalp entbrannt. Letztlich geht es darum, ob die Engstlenalp mit dem Zusammenschluss der Skigebiete Engelberg-Titlis, Melchsee-Frutt und Meiringen-Hasliberg für den Wintertourismus erschlossen wird oder ob die Engstlenalp ein Ort des sanften Tourismus bleibt:


Der Kampf um die Engstlenalp — ein Heimatfilm von Beat Bieri und Ruedi Leuthold (DOK, 2008, 49 Min.), auf Youtube hochgeladen von Schweizer Fernsehen SRF

Dieser "Heimatfilm" über das Alpleben und das Schwingen, über die Sbrinz-Säumerei und übers Angeln im Engstlensee, über Politik und Naturschutz, über eventorientierten oder sanften Tourismus zeigt die Engstlenalp nicht als Bergidyll, sondern als Zankapfel zweier Streithähne: Immer und Wenger, zwei Bergler, die von Kindsbeinen an mit der Engstlenalp verbunden sind, doch ihre Träume von der Zukunft der Alp könnten unterschiedlicher nicht sein. Ich kenne die Engstlenalp, die Region und die Diskussion über die Zukunft des Tourismus recht gut, aber in diesem informativen Film habe ich doch Neues und Interessantes erfahren — er ist sozusagen der Film zu dieser Wanderung.


7. Der Tannensee im Sommer


Von oben nach unten: Der Blick zurück auf die Engstlenalp — See 3: der Tannensee ist ein Stausee — wollene Sumpfblumen am Weg zum Melchsee

Auch am Tannensee hat ein Event-Gastronom einen Betrieb aufgemacht: Open air verkauft er Raclette vom offenen Feuer und Kaffee Schnaps (nicht mit Zwetschgenwasser, aber anderem Hochprozentigem). Und: Im Sommer sieht der Tannensee ganz anders aus als im Winter, wenn die ganze Landschaft wie in Watte eingepackt ist, vgl. Frau Froggs Reportage aus der Schneehölle von Januar 2007.


8. Kühe im Melchsee

See 4: Der Melchsee mit dem neuen Hotel auf der Frutt und zahlreichen Baukränen

Auch am Melchsee tut sich einiges: Acht Jahre nach dem Brand des Sporthotels Kurhaus hat 2011 der Ersatzbau, das Hotel Frutt Lodge & Spa, den Betrieb aufgenommen. Aber auch sonst wird gebaut wie verrückt. Sind die Baukräne Vorboten für einen neuen Tourismus auf der Frutt?

Den Kühen ist die Bauerei egal — sie benutzen den Melchsee als Tränke.


9. Neuer Vertikallift — neue Gondelbahn


Der Panoramalift am Melchsee und die Talfahrt mit Bähnli 3

Mit dem neuen Vertikallift, der 32 Höhenmeter überwindet und somit der "kleinere Bruder" vom freistehenden Personenaufzug in Bad Schandau ist, sind wir im Winter schon einmal gefahren: vgl. Braut in Schwierigkeiten von Frau Frogg. Neu ist auch die 15er-Gondelbahn, die uns runter zur Stöckalp bringt. Sie hat 2012 den Betrieb aufgenommen — die alte Bahn wurde inzwischen abgebrochen.

Fazit: Ein erlebnisreiche Wanderung mit 4 Seen und 3 Bähnli — einziger Wermutstropfen: Auf der "Wanderautobahn" waren für unseren Geschmack etwas zu viele Leute unterwegs.

Samstag, 20. Juli 2013

Eine aussichtsreiche Tour

Am Tag 3 in der Sächsischen Schweiz starten wir von unserer Ferienwohnung zu einer grossen, aussichtsreichen Tour über Ostrau und die Schrammsteine nach Schmilka — ein Wanderbericht mit Film und drei Panoramen.

Mit dem Lift zum Balkon über dem Elbtal


Der freistehende Personenaufzug von Bad Schandau zum Ortsteil Ostrau überwindet eine Höhendifferenz von 53 Metern — die Fahrt zum aussichtsreichen Balkon über dem Elbtal ist ein Erlebnis:



Das Panorama vom Ostrauer Aufzug reicht vom Grossen Winterberg über das langgestreckte Bad Schandau bis zum Lilienstein, der Ort am gegenüberliegenden Elbufer heisst Krippen — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Vom Lift in Bad Schandau geht's weiter über Ostrau, die Schrammsteinbaude, den Schiessgrund zum Grossen Schrammsteintor:



Ein erster Blick auf die Schrammsteine (von Ostrau) und ein Bild vom Schiessgrund, ein idyllisches, schattiges Tal — ideal für den Aufstieg zu den Schrammsteinen


Über Leitern zur Schrammsteinaussicht

Beim Schrammsteintor führt der gut ausgebaute Wanderweg zwischen senkrecht aufragenden Felsformationen hindurch:


Die Felsen beim Schrammsteintor

Die Felsen beim Schrammsteintor laden ein zum Klettern, was im Sächsischen Nationalpark erlaubt ist. Deshalb hat es viele markierte Freeclimbing-Routen, hin und wieder entdeckt man Kletterer in einer Felswand oder auf einer Felsnadel. Für uns jedoch ist der Leiterliweg zur Schrammsteinaussicht schon Kletterei genug. Doch der schweisstreibende Aufstieg lohnt sich:


Das Panorama von der Schrammsteinaussicht ist für mich die prächtigste Aussicht in der Sächsischen Schweiz und zeigt alles was sie zu bieten hat: bewaldete Hügel bis nach Tschechien, das tief eingeschnittene Elbtal, dazwischen grosse Ebenen mit den Steine genannten Inselbergen, skurile Felsformationen zum Klettern und das grosse Waldgebiet im Kirnitzschtal — zum Vergrössern aufs Bild klicken!


Grosse Aussicht auf der Kleinen Bastei

Weiter geht es über den Gratweg und den Ellbleitenweg zur Kleinen Bastei:




Überraschende Ausblicke vom Gratweg — Gut gesicherte Treppenwege — Lange Güterzüge im Elbtal, gesehen von der Kleinen Bastei — Der Blick zurück nach Bad Schandau und auf die Schrammsteine

Das Panorama von der Kleinen Bastei ob Schmilka zeigt die Elbe an der deutsch-tschechischen Grenze (links, wo die Elbe um die Ecke kommt — zum Vergrössern aufs Bild klicken!

Nach einem steilen Abstieg gelangen wir beim Ortseingang Schmilka an die Elbe, wo sich das das Hochwasser in Erinnerung ruft. Von da fahren wir mit dem Bus zurück nach Bad Schandau.

Fazit: Die Schrammsteintour ist eine erlebnisreiche, aber relativ anstrengende Wanderung mit vielen tollen Aussichten auf die Sächsische Schweiz.