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Weniger als şöyle böyle

Im Türkisch-Crashkurs "Wo isch de Biber? – Biber nerede?" habe ich einiges über die türkische Sprache, die Türken und Türkinnen gelernt.

Dieser amüsante Crashkurs fand im Kleintheater statt, im Rahmen von Yirmion - 2010 Istanbuluzern, ein kleines, aber feines Kulturaustauschfestival in Luzern, das die Kulturhauptstadt Istanbul feierte. Armin Meienberg, Istanbul-Aficionado, und Emel Ilter, in Deutschland aufgewachsene Türkin, führten uns in knapp zwei Stunden äusserst kompetent in die ersten Geheimnisse des Türkischen ein. Doch was ist mir geblieben?
  • Dass sich das schweizerdeutsche "Müesli" so rasend schnell auf sämtliche Frühstücksbuffets dieser Welt verbreitete, wäre ohne das türkische "yoğurt" nicht möglich gewesen.
  • Die TürkInnen haben nicht nur das Wort "yoğurt" in alle Welt verliehen, sondern sie haben auch zahlreiche Lehnwörter geliehen, vor allem aus dem Französischen : z.B. Asansör, Kuaför, Otogar (Busbahnhof). Und im Gegensatz zum Französischen hat man im Türkischen keine Probleme, diese Wörter zu schreiben.
  • Während wir Freude an zusammengesetzten Substantiven wie Vierwaldstätterseedampfschifffahrtsgesellschaft haben, setzen Türkinnen und Türken halbe Sätze zu Wörtern zusammen. Ein Beispiel: ev - das Haus, evler - die Häuser, evlerim - meine Häuser, evlerimde - in meinen Häusern usw. usf. Türkisch ist eben eine agglutinative Sprache.
  • Sprachlich haben es Türkischsprechende gerne harmonisch: Da gibt es neben der kleinen auch eine grosse Vokalharmonie. Das führt dazu, dass nach drei ü's die Chance gross ist, dass noch ein viertes ü kommt, wie zum Beispiel in "gürültülü" - lärmig.
  • Schliesslich lieben die TürkInnen Wiederholungen - Beispiele gefällig? Nach jeder Ortschaft steht auf einer Tafel am Strassenrand: güle güle - auf Wiedersehen. Oder: falan ist ein türkisches Füllwort für usw., die Steigerung davon ist falan filan - usw. usf.. Aber am meisten angetan bin ich von şöyle böyle (ausgesprochen: scheule beule), dem türkischen Pendant zum deutschen so so la la.
Doch trotz Crashkurs sind meine Türkischkenntnisse nach wie vor weniger als şöyle böyle - das liegt nicht nur an mir, sondern wohl auch daran, dass Türkisch schwieriger ist als Chinesisch, wie Kai Strittmatter an einer anderen Yirmion-Veranstaltung feststellte. Und der muss es wissen, hat er doch beide Sprachen gelernt.
diefrogg - 12. Okt, 18:35

Tatsächlich, Herr T,

Von Dir als Kolumnist kann sich noch mancher eine Scheibe abschneiden! Nicht zuletzt Frau Frogg!

Darf ich... ähem... doch noch zwei Anmerkungen machen? Es heisst
1) Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (mit vier "f", jawohl, und
2) Agglutinierende Sprache. Das hat schon Armin falsch gemacht, aber ich fand es unpassend, ihm den charmanten Kurs mit Besserwissereien zu vergällen. Agglutinieren muss etwas wie "zusammenkleben" bedeuten. Ich stelle mir die türkische Sprache deshalb immer wie ein Häufchen Risotto mit genügend Käse vor.

Kulturflaneur - 12. Okt, 23:51

Wo sie recht hat, hat sie recht

Zu 1) Es ging mir nicht im die korrekte Bezeichnung für die SGV, sondern um ein möglichst langes, zusammengesetztes Substantiv, wie z.B. Vierwaldstätterseedampfschifffahrtsgesellschaftsak-tionärsjahresversammlungstraktandenliste - hat jemand noch ein längeres zu bieten?
Zu 2) Wo sie recht hat, hat sie recht - schliesslich ist Frau Frogg die gelernte Sprachwissenschaflerin, Anglistin, um genau zu sein.
acqua - 12. Okt, 19:18

Vielen Dank für diese Zusammenfassung des Crashkurses, den ich ja leider verpasst habe. Jetzt kann linguistisch gerüstet in meine Ferien reisen.

Täuschblume - 13. Okt, 10:21

du suchst ein noch längeres Wort, schau dir doch mal diese walisischen Ortsnamen an unter www.llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogochuchaf.org.uk
viel Spass

Kulturflaneur - 15. Okt, 00:45

Lang, länger, am längsten

Danke für den Hinweis. www.llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwyll-llantysiliogogogoch.com/ ist die längste Internetadresse, die nicht nur eine Aneinanderreihung von Buchstaben ist, sondern auch etwas bedeutet (mehr als 63 Zeichen sind nicht erlaubt), nämlich: Saint Mary's Church in the hollow of the white hazel near a rapid whirlpool and the Church of St. Tysilio of the red cave. Auf der Homepage dieser walisischen Ortschaft gibt es ein Audiofile und eine Anleitung, wie dieser Ortsname auszusprechen ist, sowie einen ziemlich amüsanten Ortsnamenaussprachewettbewerb.

In Neuseeland jedoch gibt es einen Berg (oder ist es nur ein Hügel?), der noch einige Buchstaben länger heisst als dieses Waliserdorf mit der längsten URL - siehe Bild:


Ob Walisisch oder diese neuseeländische Sprache wie das Türkische agglutinierend sind, vermag ich nicht zu beurteilen, aber Ortsnamen, die ganze Geschichten erzählen, finde ich irgendwie faszinierend - was mich ganz zwangslos zu einem Kulturtipp mit einem ebenfalls langen Namen bringt: Seit 1998 gibt Matthias Burki in seinem Verlag "Der gesunde Menschenversand" eine lesenswerte Literatur- und Kunstzeitschrift heraus mit dem Titel: "Das Magazin das seinen langen Namen ändern wollte". Noch druckfrisch ist Nummer 17 "Special: Beat it!" mit folgenden Autoren: Pirmin Bossart, Alfred Hackensberger, Pablo Haller, Hadayatullah Hübsch, Jürgen Ploog, Florian Vetsch, Carl Weissner, Yves Noyau, Luca Schenardi.
Täuschblume - 15. Okt, 12:22

Es ist schon eine tolle Erfahrung, einen Bahnhofsortsnamen zu lesen, der länger ist, als der Zug, aus dem man ihn liest !!!